Nur Rekruten sehen noch unglücklicher aus

Porträt. Er ist pflichtbewusst wie ein Soldat. Doch diese Loyalität zur eigenen Partei macht Norbert Darabos das Leben schwer.

Wien.„Er ist ein liebenswürdiger Mensch, sehr bemüht, aber nicht gerade visionär und durchsetzungsstark“, meint ein Genosse über Norbert Darabos. Der idealtypische Landesgeschäftsführer quasi. Das war er auch einmal. Als Parteimanager der SPÖ Burgenland führte er diese im Jahr 2000 zu einem unerwarteten Wahlsieg. Später, als SPÖ-Bundesgeschäftsführer organisierte er den Präsidentschaftswahlkampf von Heinz Fischer – ebenso mit Erfolg.

Auch bei der Nationalratswahl 2006 war Darabos der Kampagnen-Manager seiner Partei. Doch dieser Triumph hatte andere Väter. Darabos' Verdienst war es mehr oder weniger, die angeheuerten Spin-Doktoren, Stanley Greenberg und Tal Silberstein, in Ruhe arbeiten zu lassen. Die beiden gaben in Absprache mit Alfred Gusenbauer die Strategien vor – Darabos kümmerte sich um die Ausführung.

Darabos hervorstechendste Qualität: Loyalität. So ließ er sich zwei Jahre vor der Nationalratswahl den heiklen Sicherheitsbereich aufdrängen, entwickelte mit der Zeit tatsächlich Expertenwissen – doch statt des erhofften Innenministeriums musste er sich mit dem Verteidigungsressort begnügen. Der Zivildiener, ausgestattet mit soldatischem Pflichtgefühl, fügte sich ein weiteres Mal.

Wie wenig Freude der nette, stets ein wenig blasse Arbeitersohn an dem Amt hat, sieht man ihm an. Im Auftrag seiner Partei soll er, der eigentlich der Anwalt der Militärs sein sollte, den Eurofighter-Kauf stornieren. So wirkt Darabos mitunter unsicher, gehemmt, übervorsichtig. Dieser Mangel an Souveränität führt dazu, dass er sich einigelt, sich nur mit seinem engsten Kreis umgibt. Höhere Offiziere soll er wochenlang auf einen Termin warten lassen. „Auch ich habe noch keinen bekommen“, beklagt sich ÖVP-Wehrsprecher Walter Murauer.

„Viel draußen bei der Truppe“

„Der Minister ist eben viel unterwegs. Und zwar draußen bei der Truppe – auch wenn das viele nicht glauben wollen“, verteidigt Pressesprecher Answer Lang seinen Minister. Ob bei einer Sprengmittelvernichtungsvorführung in Felixdorf, bei der 50-Jahr-Feier der Garde in Wien oder bei Auftritten von Heeres-Sportlern beim Champions-League-Tischtennis-Finale. „Ich habe in 120 Tagen als Minister mehr Gespräche mit Generälen geführt als mein Amtsvorgänger Günther Platter in einem Jahr“, rechtfertigt sich Norbert Darabos.

Leicht hat es ein Sozialdemokrat im traditionell schwarzen Verteidigungsressort freilich nicht. Und ein Zivildiener schon gar nicht. Die Berufsoffiziere halten sich aus Loyalitätsgründen mit öffentlichen Äußerungen zwar zurück. Doch dem Minister wird in diesen Kreisen angekreidet, dass er sich in den Budgetverhandlungen nicht durchgesetzt habe. Einen „Zivi“ als Ressortchef hätte man akzeptiert, wenn er sich als politisches Schwergewicht erwiesen hätte, der für das Heer etwas herausholt. Dem war aber nicht so: Rechnet man die Eurofighter-Raten ab, so ist das Verteidigungsbudget nicht gestiegen und weit von der Marke „Ein Prozent des BIP“ entfernt, die die Bundesheerreformkommission als Untergrenze genannt hatte. „Wir haben abseits der BIP-Zahlen allerdings zusätzliche Ermächtigungen für Bauvorhaben herausgeholt“, wirft Darabos-Sprecher Lang ein.

Bei den Budgetverhandlungen, so wird berichtet, habe sich der in militärischen Dingen unerfahrene Darabos vor allem auf seinen Kabinettschef Stefan Kammerhofer verlassen. Die einen loben die Kompetenz des Milizsoldaten, der auch auf Zypern Dienst versah, andere sehen den Büroleiter schon als heimlichen Ressortchef.

Kritik gilt auch dem Vorgänger

Im Gegensatz zu den Berufsoffizieren gehen die Milizoffiziere sehr wohl an die Öffentlichkeit. Werner Bittner, einstiger Vorsitzender der Beratungsgruppe „Miliz 2010“ sorgte mit seinem „Presse“-Interview für Aufsehen. Die Kritikpunkte – durch die Verkürzung des Grundwehrdienstes auf sechs Monate und die damit einhergehende Abschaffung der verpflichtenden Truppenübungen stehe die Miliz vor dem Aus – sind freilich in erster Linie dem Amtsvorgänger von Darabos, dem früheren VP-Verteidigungsminister Günther Platter, zuzuschreiben. Insofern ist es einigermaßen kurios, dass sich ausgerechnet die ÖVP der Kritik der Milizoffiziere anschließt und sich aus diesem Grund auf Darabos einschießt.

Im Fußball würde Rapid-Kuratoriumsmitglied Darabos – er ist auch Präsident des FC Kroatisch-Minihof – wohl als ablösereif gelten. Doch das zurückhaltende Wesen des sanftmütigen Verteidigungsministers könnte sich auch als Vorteil entpuppen: Denn unterschätzt worden ist der Burgenland-Kroate schon oft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2007)


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