Spaziergang durch die virtuelle Wohnung

Interaktiv. Neue Technologien: ihr Nutzen fürs Immobilienbusiness.

Die gelbe Spielzeugente weist den Weg durch die virtuelle Wohnlandschaft: Beim Grazer Grafikbüro Kommerz Kienzl setzt man auf einfache Gegenstände, um in die interaktive Visualisierungswelt einzutauchen. Im Rahmen der Technologie des „Mixed Reality Interface“ wird die mit einem Kontaktblättchen bestückte Ente auf einer Spezialoberfläche verschoben, die als Schnittstelle zum Computer dient (siehe Bild). Dort wiederum werden die Bewegungen in der virtuellen Wohnung, auf dem Flughafengelände, auf dem Hauptplatz nachvollzogen. Man lotst seine Ente oder seinen kleinen Würfel vorbei an simulierten Wänden und kann den Rundgang in Echtzeit, also exakt der Bewegungsgeschwindigkeit, absolvieren. „Die Gegenstände am Tisch sind bewusst schlicht, damit sie von jedem einfach mit der Hand bewegt werden können“, erklärt Alexander Wolf, Vertriebsleiter bei Kommerz Kienzl, den Vorteil der Ente gegenüber Maus und Keyboard.

Mehr als ein Spiel

Das System der „Interaktiven Immobilie“ kommt aus der Computerspiel-Industrie, hat aber für die Immobilienbranche – Bauträger, -firmen, Entwickler und Investoren – mehr als spielerischen Charakter. Auch wenn ein Objekt erst im Planungsstadium ist, kann man sich darin schon bewegen. Das Wiener Grafikbüro JamJam etwa hat für die Firma Kallco das Projekt „Maurer Villen“ interaktiv dargestellt, um die Basis für eine Beleuchtungsstudie zu schaffen. Andere Projektentwickler machen sich Visualisierungen für die Vermarktung zunutze, beispielsweise die Wohnbaugesellschaft Hable & Hable, um im Internet 3D-Visualisierungen zu bieten. „So kann man sich einen lebendigen Eindruck vom Projekt verschaffen“, so Oliver Schön, Geschäftsführer von JamJam. Schließlich beginnt die Vermarktung schon beim Start des Projektes, mit den Grundrissen ist zunächst wenig Greifbares vorhanden. „Gerade bei Wohnungen im Luxusbereich zahlt es sich aus, auf Animationen zurück zu greifen“, meint Schön.

Blick aus dem Fenster

Die Möglichkeiten des Mixed Reality Interface sind mit jenen herkömmlicher 3D-Visualisierungen nicht zu vergleichen, die Verschmelzung der Wirklichkeit mit der virtuellen Realität ist hier weiter fortgeschritten. „Der Blick aus dem zukünftigen Fenster kann mittels live Webcam die realen Verhältnisse abbilden“, zählt Wolf ein Beispiel auf. Auch Audioeffekte lassen sich realistisch einbinden: Die Lautstärke ändert sich mit dem Abstand zur virtuellen Stereoanlage.

Projektbetreiber lassen sich virtuelle Darstellungen im Schnitt 20.000 Euro kosten. Für Wolf eine lohnende Investition, da der Verkauf des Objekts durch die Einbindung des Kunden einfacher werde. „Jeder würde anders durch seine Wohnung gehen“, nennt er ein Argument gegenüber ähnlich funktionierenden vorgefertigten Videos. Einmal mit der Spielzeugente durchmarschiert, kann sich der Kaufinteressent den virtuellen Spaziergang auf CD auch mit nach Hause nehmen.

Die Leistung des Rechners ist allerdings durch den Echtzeitbildaufbau ein wichtiges Kriterium. Entweder braucht es einen modernen Rechner oder man speckt die Inhalte ab. Das ist manchmal aber gar nicht so schwer: Mit dem Einsparen von virtuell abfallendem Laub geht alles gleich dreimal so schnell.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.06.2007)

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