Polens Ölkonzerne planen Fusion

(c) AP (Eckehard Schulz)
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Erdöl. Der Ölriese will sich vor Übernahmen durch russische Konzerne wappnen.

Warschau (APA/Bloomberg).Der teilstaatliche polnische Ölkonzern PKN Orlen würde gerne mit der Nummer zwei der Branche, die mehrheitlich in Staatsbesitz stehende Lotos-Gruppe, fusionieren. Ein Zusammenschluss „wird der ganzen Branche nützen und Synergieeffekte ermöglichen“, sagte PKN-Präsident Piotr Kownacki zur Tageszeitung „Rzeczpospolita“. Gegenüber dem „Wall Street Journal Polska“ bezeichnete er den Zusammenschluss als „äußerst wichtig“ für die Versorgungssicherheit des Landes.

Zwei Ölfirmen „wenig sinnvoll“

Eine Fusion, so ein weiteres Argument Kownackis, würde vor einer feindlichen Übernahme vor allem durch russische Konzerne schützen. Der PKN-Chef, der mit dem Lotos-Management laut eigenen Angaben noch nicht einmal über eine Fusion gesprochen hat, setzt bei seiner Argumentation auch auf die in Polen omnipräsente Furcht vor Russland. „Russische Firmen könnten bald versuchen, Raffinerien in Europa aufzukaufen“, meint Kownacki.

Einem Bericht der polnischen „Newsweek“ zufolge befürwortet die Regierung in Warschau den Zusammenschluss, der einen Ölriesen mit umgerechnet 17 Mrd. Euro Umsatz kreieren würde. Offiziell dementiert die Regierung dies aber: „Die Strategie für den Ölsektor, die von der Regierung zu Jahresbeginn festgelegt wurde, sieht zwei getrennte Unternehmen vor. Wir haben nicht vor, diesen Plan zu ändern“, meint der Sprecher des Finanzministers, Pawel Kozyra.

Experten wie Flawiusz Paluk, Analyst der polnischen Bank Zachodny, meinen hingegen: „Langfristig ist die Unabhängigkeit von Lotos wenig sinnvoll.“ PKN Orlen verarbeitet in seinen polnischen Raffinerien fast doppelt so viel Erdöl wie Lotos in seiner einzigen Raffinerie in Danzig.

PKN-Chef Kownacki zufolge würden sich die beiden Unternehmen außerdem aufgrund ihrer unterschiedlichen Schwerpunkte ergänzen. So könnte PKN Orlen das in den Lotos-Raffinerien in Gdansk hergestellte Benzin für seine Chemieindustrie brauchen. Darüber hinaus seien beide Unternehmen in der Ölförderung aktiv. Hier habe die Firma Petrobaltic, die zu Lotos gehört, die größere Erfahrung.

Staat würde 40 Prozent halten

Der polnische Staat hält an PKN Orlen 32 Prozent, an Lotos etwas mehr als die Hälfte. An dem fusionierten Konzern würden etwa 40 Prozent dem Staat gehören. Auch wenn das Finanzministerium vorerst die Fusionspläne dementiert hat, so erscheint das plötzliche offensive Vorgehen der PKN doch mit der Regierung abgestimmt.

Zumal PKN-Chef Kownacki ausgesprochen gute Kontakte zur Staatsspitze hat. Er arbeitete gemeinsam mit dem polnischen Staatspräsidenten Lech Kaczynski von 1992 bis 1995 an der Spitze des staatlichen Rechnungshofes. Die Brüder Lech und Jaroslaw Kaczynski (Premier) haben seit ihrem Wahlsieg jegliche Privatisierungen gestoppt. Die Schaffung von nationalen Champions in Kernindustrien würde zur Wirtschaftspolitik der nationalistischen Rechtspopulisten passen. Die PKN, die Lotos schon 2003 übernehmen wollte, wittert daher nun ihre Chance.

Rückläufige Gewinne

Aber auch betriebswirtschaftlich wäre die Fusion der beiden Ölkonzerne sinnvoll, denn die Ertragskraft beider Unternehmen ist im Vorjahr gesunken. PKN Orlen verzeichnete im vergangenen Jahr einen Nettogewinn von 1,98 Mrd. Zloty (0,5 Mrd. Euro) bei einem Umsatz von 52,9 Mrd. Zloty. Der Gewinn fiel deshalb deutlich niedriger aus als im Jahr zuvor, weil Orlen eine Raffinerie im litauischen Mazeikiu erwarb. Der Nettogewinn der deutlich kleineren Lotos-Gruppe fiel im vergangenen Jahr von 915 auf 680 Mio. Zloty. Der Umsatz lag bei 12,8 Mrd. Zloty.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.07.2007)

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