Peter Westenthaler: Der Rücktritt vom Rücktritt

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"Tausende Menschen" hätten ihn zum Bleiben aufgefordert, sagt der BZÖ-Chef. Mit einem Kommentar von Oliver Pink

WIEN (oli/hes). Bei leichtem Wind am Wiener Kahlenberg erklärte Peter Westenthaler seinen Rücktritt vom Rücktritt: "Ich bin zum Schluss gekommen, dass ich bleibe und das verluderte politische System bekämpfen will. Ich möchte an der Speerspitze sein." Gusenbauer sei nur deshalb Regierungschef, weil er den Menschen vor der Wahl die Unwahrheit gesagt habe, es gebe den täglichen Streit in der Regierung, brutalen Postenschacher, einen Sozialminister, der "gern verschläft" und "im Sitzen pinkelt".

In einem klärenden Gespräch mit Jörg Haider habe er große Gemeinsamkeiten entdeckt, erzählte Westenthaler. "Ich finde das rührend", warf Moderator Elmar Oberhauser beim ersten der ORF-Sommergespräche süffisant ein. Wo Haider ihn, Westenthaler, doch als schwache Kopie bezeichnet und über allerlei Alternativen spekuliert habe. "Verabschieden Sie sich von dem Wunschtraum, dass Sie Haider und mich auseinander dividieren können", meinte dieser zu Oberhauser und Ko-Interviewer Hubert Patterer ("Kleine Zeitung").

Dass Westenthaler bleibt, war zwar schon die Tage zuvor de facto fix, endgültig durchgesickert war es im Laufe des Freitags. Der Überraschungseffekt am Abend war also verpufft. Dennoch durfte sich der Chef einer Vier-Prozent-Partei über erhöhte Aufmerksamkeit freuen.

Dass Westenthaler den Kahlenberg als Interview-Ort gewählt habe, da dieser einen historischen Bezug zur Türkenbelagerung Wiens habe, wie Oberhauser insinuierte, wies Westenthaler zurück: Er sei kein Türkenhasser und kein Ausländerfeind. Er lehne nur Ausländer ab, die sich nicht anpassen können und kriminell werden.

"Wir wollen die Nummer eins unter den Oppositionsparteien werden", gab sich Westenthaler großspurig. 2010 wolle er das BZÖ in die Nationalratswahl führen. "In Kärnten werden wir mit Jörg Haider eine Gemeinschaftsleistung vollziehen." Offen ist, ob das BZÖ bei anderen Landtagswahlen antreten werde. "Das ist nicht überall notwendig", meinte Westenthaler. Bei der Grazer Gemeinderatswahl tritt das BZÖ an. Unter anderem "um das Bettlerunwesen zu bekämpfen", so Westenthaler. "Was sie in Graz inserieren, ist die Diktion der 30-Jahre, das ist tiefste Gosse", warf Patterer Westenthaler vor. Dieser bekräftigte provokant: "Jawoll, wir wollen Graz säubern."

Eine "Leitfigur des Dritten Lagers" wolle er, Westenthaler, nicht sein, eine Reunion mit der FPÖ schloss er aus. Gegen die Gesamtschule wolle weiter kämpfen - obwohl Jörg Haider dafür sei.

Einer möglichen Anklage wegen falscher Zeugenaussage sieht der BZÖ-Chef gelassen entgegen: "Jetzt zahlt es sich erst recht aus, weiterzumachen." Einen Abschied aus der Politik bei einer Verurteilung schließt er aus: "Das werden ich nicht tun. Ganz im Gegenteil."

Westenthaler selbstkritisch

"Tausende Menschen" hätten ihn auf der Straße angesprochen, seine Kritik am politischen System bestätigt und ihn zum Bleiben bewegt, hatte Westenthaler bereits am Nachmittag der "Presse" erzählt. Die Politik sei in der "Image-Gosse" angelangt, dass dies endlich auch jemand deutlich ausspreche, sei den Menschen ein Anliegen, ist Westenthaler überzeugt. "Ich gebe aber zu, dass ich selbst dazu auch meinen Beitrag geleistet habe", räsonierte er selbstkritisch.

Kommentar von "Presse"-Redakteur Oliver Pink

Gekommen um zu bleiben

Die sommerliche Sinnkrise war am windigen Kahlenberg wie weggeblasen. Peter Westenthaler - wie wir ihn kennen: patzig, platt, provokant – und die Fragesteller listig umschmeichelnd. Diese schlugen sich ganz wacker: Elmar Oberhauser (ORF) offensiv und süffisant, Hubert Patterer („Kleine Zeitung“) zurückhaltender und hintergründiger. Peter Westenthaler nützte dennoch routiniert die günstige Gelegenheit, sein Selbstdarstellungsprogramm wieder einmal vor größerem Publikum abzuspulen. Jene dreieinhalb Westenthaler-Fans, die es im Land gibt, werden nach diesem Sommergespräche-Auftritt Westenthaler-Fans bleiben. Wer Westenthaler bislang nicht mochte, wird ihn auch in Hinkunft nicht mögen. Ein Nullsummenspiel, aber ein Lebenszeichen.

Zurück bleibt ein unschöner Verdacht: War Westenthalers Rücktrittsdrohungspektakel der vergangenen Tage doch nicht mehr als ein PR-Gag, um den Aufmerksamkeitspegel für seine Freitagabend-Show in die Höhe zu treiben?

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