Auf der Jagd nach extrasolaren Planeten

(c) Günther Wuchterl
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Austria '07. Günther Wuchterl, Astrophysiker, hat Österreich in Himmelsfragen weit nach oben gebracht.

Als die versammelten Himmelskundler der Erde letzten Sommer in Prag die Planetenfamilie dezimierten – Pluto wurde verstoßen und unter die Zwergplaneten eingereiht –, konnte sich der Astrophysiker Günther Wuchterl zurücklehnen: Er hatte in langen Gefechten mit dafür gesorgt, dass neue Ordnung an den Himmel kam, an jenen Himmel, den der 1962 in Wien Geborene schon als Kind mit größeren Augen als andere an-staunte. Später kam eine segensreiche Studienordnung hinzu, Wuchterl inskribierte an der TU Wien Technische Physik und Technische Mathematik, und an der Uni Wien Astronomie, Zoologie und Philosophie, sie war einst verpflichtend auch für Naturwissenschaftler.

„Das war gut so“, erinnert sich Wuchterl. Denn es brachte ihn von Anfang an auf beide Stränge der Schiene, auf der er bis heute hinter Planeten her ist: „Erst bin ich eher naturphilosophisch herangegangen, so wie Kant oder Laplace, und mit der grundsätzlichen Frage, wie Sterne und Planeten wohl entstanden sind.“ Seine erste Antwort kam 1989 in der Dissertation („Entstehung von Gasplaneten“). Natürlich stützte sich diese Arbeit auch auf Beobachtungen, aber es war „zwangsweise ein Rückblick. Die Phase der Planetenentstehung war ja lange vorbei, wir hatten nichts anderes als Fossilien“.

Erst Theorie, dann Empirie...

Wuchterl wollte aber wissen, wie junge Planeten aussehen und wie sie altern. Das trieb ihn wie einen Wandelstern herum, an viele Universitäten in Europa, er hielt aber immer die Verbindung mit Wien und war vorne mit dabei, als es 1989 um die Rettung eines einzigartigen Denkmals der Wissenschafts- und Technikgeschichte ging, der Kuffner- Sternwarte in Ottakring. Ein entscheidendes Jahr kam 1992, der Forscher stieß zu einem Team an der University of California, Santa Barbara, das sich mit Theorien zur Planetenentstehung beschäftigte. Im gleichen Jahr wurde der erste extrasolare Planet – einer außerhalb unseres Sonnensystems – entdeckt, inzwischen ist die Zahl kaum überschaubar, „um die 250 sind es derzeit, ich muss es selbst nachschlagen“. Nun konnte die Theorie sich mit (neuer) Empirie anreichern: „Es ging nicht mehr nur um die grundsätzliche Frage, wie Planeten entstehen, es ging darum, wie sie am Himmel ausschauen“. Und wie schauen sie aus? Wuchterl war mit dabei, als man erstmals einen wirklich zu Gesicht bekam, im Jahr 2004.

Hat man den ersten nicht 1992 entdeckt? Ja, aber: Die Jagd nach extrasolaren Planeten ist kein einfaches Geschäft, direkt bekommt man so leicht keinen vor das Fernrohr. Planeten ziehen um Sterne herum, das sind Himmelskörper wie unsere Sonne, groß und hell, sie verbrennen sich selbst. Planeten sind klein und strahlen nicht, verschwinden im gleißenden Licht ihrer Muttergestirne und sind nur an ihnen zu beobachten, indirekt. Sterne werden durch die Gravitation ihrer Trabanten ein wenig ins Wackeln gebracht, sie verändern auch ihre Helligkeit, wenn einer vor ihnen vorbeizieht. Mit beiden Methoden hatte man schon um die 150 Planeten entdeckt, als, am 24. Juni 2004, eine Gruppe um Ralph Neuhäuser (Uni Jena) und Wuchterl Glück hatte, sie sah direkt einen, „GQ lupi b“ im Sternbild des Wolfs, er stand neben seinem Stern.

Es war viel Glück, aber nicht nur Glück, man stochert nicht blind mit dem Teleskop im All herum, sondern sucht dort, wo man mit guten Gründen etwas vermutet. Diese Prognosen – wie groß sind Planeten, wie weit weg von ihren Sternen? – wurden Wuchterls Spezialität, aber nun muss er sich beeilen, auf dass er nicht von sich selbst überholt wird bzw. von „Corot“. Das ist ein europäischer Satellit, der seit Jahresbeginn 900 Kilometer über der Erde schwebt und nach Planeten Ausschau hält (die früheren hat man von der Erde aus detektiert, aber die Atmosphäre trübt den Blick).

...dann Wettlauf zwischen beiden

In „Corot“ steckt viel heimischer Sachverstand, auch von Wuchterl, der nun mit seinen Theorien und Prognosen neben den wachen Augen von „Corot“ her hetzt: „Die Prognosen des zu Entdeckenden sollten schon vor den Entdeckungen kommen“.

Die werden bald da sein, sie werden die Grundsatzfrage – was ist ein Planet? – wieder erhitzen, auf dem nächsten Weltastronomenkongress in Rio 2009. In Prag wurde Pluto herabgestuft, weil man erstmals Planeten streng definierte und in die Definition astrophysikalische Parameter aufnahm, in denen auch die Entstehungsgeschichte dieser Himmelskörper steckt (es geht vor allem darum, dass jeder alleine seine Bahn um seinen Stern zieht und alle anderen Himmelskörper „aus dem Weg räumt“). „Aber die Definition gilt nur für Planeten unseres Sonnensystems“, erklärt Wuchterl: Über die extrasolaren muss erst verhandelt werden, in Rio. Und je mehr bis dahin mit Hilfe Wuchterls gefunden werden, desto härter werden die Verhandlungen sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2007)


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