Als das Monopol der „Medizin-Männer“ fiel

Noch 1895 galten Frauen als fürs Medizinstudium ungeeignet. Gabriele Possanner, die erste Ärztin in Wien, widerlegte das Vorurteil.

Die Gasse ihr zu Ehren ist versteckt. In Hietzing, ganz oben beim Hörndlwald. Und doch: Gabriele Possanner (Edle von Ehrenthal) war eine Pionierin. Nicht zu Unrecht ist ihr ein Preis gewidmet, der der beruflichen Emanzipation von Frauen dient. Sie war die erste Ärztin in Wien.

Geboren 1860 in Ofen (Budapest) in eine gutbürgerliche Familie des kleinen Adels, äußerte die Tochter einen für Frauen ungewöhnlichen Berufswunsch: Sie wollte Medizin studieren. Doch da konnten ihr nicht einmal die guten Beziehungen des Vaters, eines Sektionschefs im k.k-Finanzministerium, helfen. So ließ sie sich zunächst widerwillig als Volksschullehrerin und Kindergärtnerin ausbilden. 1887 wurde ihr am k.k. Akademischen Gymnasium in Wien als zweiter Frau – nach Clotilde Benedict – die „Reife zur Universität“ attestiert.

Die Bestätigung war nicht einmal das Papier wert. Sie war „universitätsreif“ – aber Medizin blieb Sache der männlichen Studenten. Es waren buchstäblich „Medizin-Männer“. Der Altphilologe Theodor Gomperz etwa hielt Frauen überhaupt für höhere geistige Leistungen für unfähig. Die „geistige Inferiorität der Frau“ wurde durch den Münchner Anatom Theodor Bischoff mit dem sogenannten „Hirnbeweis“ untermauert.

„cerebral minderwertig“

Sein Nachfolger Nikolas Rüdinger führte den Beweis einer „generellen cerebralen Minderwertigkeit“ der Frau fort. Ein ähnliches Kaliber war der Wiener Professor Eduard Albert. Sein Pamphlet „Frauen und das Studium der Medizin“ erschien 1895 und erlangte als Kompendium des Antifeminismus zweifelhafte Berühmtheit.

So musste Gabriele Possanner nach Zürich übersiedeln, um sich den „überflüssigen Luxus“ eines Medizinstudiums leisten zu können. Denn dort durften ab 1863 Frauen inskribieren. 1894 promovierte Gabriele Possanner, erst drei Jahre später wurde ihr Doktordiplom in Österreich anerkannt. Trotz der Verzögerung war sie immer noch die erste Frau, die in Österreich promovierte. Jetzt durfte sie endlich – als erste Wiener Ärztin – eine Praxis eröffnen. Zugleich lernte sie als Aspirantin den Betrieb in Wiener Spitälern kennen.

Sie hatte ihr Ziel erreicht, ihren Willen durchgesetzt. Und so durfte sie am Ende ihrer Karriere stolz den Titel „Medizinalrat“ tragen. Auch da war sie natürlich die erste Österreicherin. Sie starb – 80-jährig im Jahre 1940.

Zwischen 1870 und 1894 hatte man zwar fast überall in Europa Frauen den Zugang zum Studium erlaubt. Ausnahmen blieben aber Preußen und Österreich. Der stetige Druck von Frauenvereinen und gesellschaftliche Notwendigkeiten führten letztlich dazu, dass 1897 Frauen zum Studium an der Philosophischen Fakultät zugelassen wurden. Im Jahr 1900 wurde ihnen auch der Zugang zum medizinischen Studium eröffnet.

Die erste Uni-Professorin

Weiter ging die Öffnung der österreichischen Universitäten zur Zeit der Monarchie jedoch nicht; erst 1919 konnten Frauen an der Juridischen Fakultät als ordentliche Hörerinnen inskribieren, 1928 an der Evangelisch-theologischen und ab 1945 an der Katholisch-theologischen Fakultät.

Die erste Hochschulprofessorin ließ lange auf sich warten. Sie hieß Elise Richter und setzte 1907 als erste Frau die Habilitation an der Philosophischen Fakultät durch. 1921 wurde sie als erste Frau zur ao. Professorin ernannt.

Eine bemerkenswerte Studentin der Wiener Uni muss wohl auch Marietta Blau gewesen sein. Sie „kaprizierte“ sich auf Physik und Mathematik und dissertierte „Über die Absorption divergenter Gamma-Strahlen“. Sie machte eine steile wissenschaftliche Karriere, die sie allerdings ab 1938 in der Emigration fortsetzen musste.

1962 erhielt sie von der Akademie der Wissenschaften den Schrödinger-Preis, nachdem ihr die Aufnahme als korrespondierendes Mitglied verweigert worden war. Dreimal wurde sie für den Nobelpreis vorgeschlagen, erhielt ihn aber nie. hws

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2007)

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