Mit Wortwitz: Ivana Jeissings Romandebüt, „Unsichtbar“.
Die in Salzburg geborene Schriftstellerin Ivana Jeissing überrascht aus dem Nichts mit einem witzigen Psychodrama. Die Autorin ist zweisprachig (Deutsch und Italienisch) aufgewachsen und lebt heute in Berlin. Als ehemalige Creative Directorin hat sie viel an Einfallsreichtum in ihre neue Profession mitgenommen.
Ivana Jeissing erzählt über Jane Terry, die sich selbst für unsichtbar, für eine Schattentaucherin, hält. Jane ist mit Peter Frame, einem karrieregeilen Rechtsanwalt verheiratet, der sie betrügt. Jane macht, was Peter anschafft. „Schweigend ertrug sie seine Unverschämtheiten und bügelte ihm auch noch sein Lieblingshemd, obwohl sie wusste, dass er damit zu einem Rendezvous ging.“ Zudem vergleicht er sie mit Picassos „Ma Jolie“, dieser grundkubistischen „Schönheit“.
Die beiden ziehen nach Berlin, wo sie einen väterlichen Freund findet, den betagten Fred Leibowitz, Besitzer eines nostalgischen Kinos in einer Seitenstraße des Kurfürstendamms. In den Gesprächen mit ihm tritt sie aus dem Schatten und findet zu ihrem Leben. Sie entdeckt sich, taucht auf. Auch durch die Trennung von Peter, der mit ihrer Freundin und Kollegin „herummacht“.
Das Buch strotzt vor Wortwitz, eine Situationskomik jagt die andere. Ivana Jeissing ist aber nicht nur witzig, sondern auch klug und auf ihre spezielle Art genau. Hier wird der „Schnee zum Funkenflug“. Der Zoo wird zur „gartenarchitektonischen Illusion, verziert mit wilden Tieren.“ Im Übrigen ist sie überzeugt, „alles wäre viel einfacher, wenn wir nie von den Bäumen gestiegen wären.“
„Unsichtbar“ ist ein erstes kleines Meisterinnenwerk einer bereits beim Debüt ausgereiften Schriftstellerin. Ivana Jeissing gleitet gekonnt mit Hilfe ihrer angenehm-luftigen Sprache über Alltagswahnsinn, Seelenwundheit und Sarkasmus, Zynismus und Zweideutigkeit, beispielsweise beim Versuch, Luft aus der Handtasche zu atmen, weil ihr Fred wieder einmal penetrant nach Mottenkugeln stinkt. Ich warte ab sofort auf Ivana Jeissings zweites Buch. ■
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2007)