Joanneum. Proteste gegen die Übersiedlung von Lehrgängen in die Obersteiermark zeigen Probleme des Standortes.
Die Entrüstung war groß, als die Führung der FH Joanneum das neue Standortkonzept vorstellte. So groß, dass das Herzstück der geplanten Reform mittlerweile zurückgenommen wurde.
Ursprünglich war geplant, die erfolgreichen Lehrgänge aus den Bereichen Journalismus und Design nach Kapfenberg zu übersiedeln. Im Gegenzug sollten schwächelnde technische Studienrichtungen ab dem Sommersemester 2008 in Graz angeboten werden.
Dieser Plan ist nun laut Rektor Michael Klees endgültig vom Tisch. Grund waren die massiven Proteste von Studierenden, Lehrenden und Wirtschaft. Tenor der Wortmeldungen: der FH-Standort Kapfenberg sei für Studenten wie Lehrende unattraktiv, das akademische Umfeld fehle.
Zu wenige Bewerber
Tatsächlich bewerben sich schon jetzt zu wenige Studenten für die FH Kapfenberg. Klees führt das auf die Lage zurück, die tatsächlich wenig attraktiv sei. Zusätzlich gebe es generell zu wenig Nachfrage bei den technischen Fächern, die dort angeboten werden.
Am Donnerstag wurde in einer außerordentlichen Kollegiumssitzung beschlossen, eine wissenschaftliche Studie über die Akzeptanz der drei FH-Standorte Graz, Bad Gleichenberg und Kapfenberg durchzuführen. Dabei sollen auch kreative Konzepte erstellt werden, wie der Standort in der Obersteiermark belebt werden kann.
Mit ihrer Forderung, „die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der Erhaltung des Hochschulstandortes Kapfenberg dringend zu überdenken“, war die Konferenz der Studiengangsleiter schon im Vorfeld bei den politisch Verantwortlichen abgeblitzt. Ein Abzug der FH kommt für die steirische Bildungslandesrätin Bettina Vollath (SP) nämlich nicht in Frage: „Die Landtagsparteien haben sich einstimmig zu den drei Standorten bekannt“, beharrt sie.
„Dort gibt es fast nichts außer dem Bahnhof.“
Studentenvertreter Philipp Hense
Und so geht die Suche nach Lösungen weiter. Fix ist, dass zur Belebung des Campus Kapfenberg mit seinen derzeit 600 Studenten zusätzlich andere Studienrichtungen angesiedelt werden, so Klees. Das könnte bereits bestehende Fächer betreffen, oder auch neu zu schaffende wie Sportmanagement. Jedenfalls Fächer, „die besser an den Standort passen“ als Journalismus und Design. Dass am Ende ein Gesamtkonzept steht, das alle zufrieden macht, hält Klees „unter den derzeitigen Rahmenbedingungen für ausgeschlossen.“
In Kapfenberg selbst wird die Diskussion über den schwachen FH-Standort mit Unbehagen verfolgt. Man habe mit der Argumentation der gesamten Region den Wert abgesprochen, beklagt Kapfenbergs Bürgermeisterin Brigitte Schwarz (SPÖ). Dabei sei die Region zwischen Leoben und Mürzzuschlag der zweitgrößte Wirtschaftsraum Österreichs nach Linz.
„Kein abgelegenes Kaff“
Schwarz wehrt sich auch dagegen, dass Kapfenberg in der Diskussion als abgelegenes Kaff bezeichnet wird und lobt das „breite Freizeit- und Kulturangebot“ in der Region.
Kommentar von Studentenvertreter Philipp Hense: „Dort gibt es fast nichts außer den Bahnhof.“ Die Entscheidung für den Standort Kapfenberg sei eine ausschließlich politische gewesen. „Jetzt ist es auch Aufgabe der Politik, ihn attraktiver zu machen.“
www.fh-joanneum.atIM DETAIL
Das Standortkonzept der Joanneum-Leitung sah einen örtlichen Tausch von Studiengängen zwischen Graz und Kapfenberg vor. Schlecht nachgefragte Fächer sollten in die Landeshauptstadt verlegt werden.
Im Gegenzug sollte der Standort Kapfenberg gestärkt werden, indem erfolgreiche Studiengänge aus Graz (Journalismus und Unternehmenskommunikation, Industrial Design, Informationsdesign und Ausstellungs- und Museumsdesign, Media&Interaction Design) nach Kapfenberg ziehen.
Nach Protesten wird nun an einem neuen Konzept gearbeitet.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2007)