Zuerst kämpfen, dann höflich sein

Die Presse (Bruckberger)
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Machtspiele. Wie Frauen sich behaupten können, verrät Unternehmensberaterin Knaths.

WIEN. Man sagt es einmal, man sagt es zweimal und wird nicht gehört. Dann trägt der männliche Kollege denselben Vorschlag vor und wird gelobt. Wie genau kann so etwas passieren und wieso passiert es vor allem so häufig? Marion Knaths hat sich nicht nur ausführlich mit den Kommunikationsmustern der Geschlechter auseinander gesetzt, sie hat sich vor allem auch darüber hinweggesetzt und sich Gehör verschafft.

Bei OTTO arbeitete sie in der Disposition, als Leiterin des Controlling, des Marketing im Geschäftsbereich Einkauf Kinderoberbekleidung und wechselte schließlich in die Damenmode. Dort leitete sie das Projekt „Junge Mode“, wurde Beschaffungsleiterin und anschließend Leiterin der Beschaffung und Betriebswirtschaft Damenmode.

2004 machte sie sich selbstständig und gründet „sheboss“, Unternehmensberatung, die Seminare von Frauen für Frauen anbietet. Und dort wie auch in ihrem neuen Buch „Spiele mit der Macht“ verrät sie, wie Frauen es angehen müssen, um nicht sinnlos gegen die gläserne Decke anzurennen.

Knaths betont, dass Frauen am liebsten mit Frauen kommunizieren, weil dort ihre Form der Verständigung am besten funktioniere. Dabei gehe es um das Herstellen von Verbindungen, den Aufbau von Beziehungen, das Ganze sei konsensorientiert und jede sei darauf bedacht, die eigene Leistung nicht über Gebühr herauszustreichen. Wenn man dann allerdings als Frau nach der Ausbildung ins Berufsleben komme, warte dort die eine oder andere Überraschung.

„Immer mit der Eins reden“

Weil mit Höflichkeit und der Erwartungshaltung, irgendwann kommt man im Meeting schon an die Reihe, sehe man eben rasch alt aus. Auch Verständnisfragen zu stellen, komme bei Männern nicht gut an. Denn dort komme die Rangordnung vor dem Inhalt. Wer das Bild vermittle „sagt nichts, lässt sich unterbrechen, stellt Verständnisfragen – hat offenbar keine Ahnung“, falle in der Rangordnung automatisch gleich nach hinten. „Zuerst muss man sich eine Position erkämpfen, dann kann man höflich sein.“

Wie aber verschafft man sich Gehör? Ein entscheidender Hinweis bestehe darin, in Versammlungen nicht die gesamte Gruppe zu adressieren, wozu Frauen neigen. „Frauen sprechen immer an die Runde und die Runde hat sich schon vorher ausgemacht, dass sie das nicht interessiert. Deshalb gilt der Grundsatz: Immer an die Eins kommunizieren.“ Nur wenn man das Interesse und die Aufmerksamkeit des höchsten anwesenden Entscheidungsträgers fesseln kann, habe man automatisch auch die Aufmerksamkeit der Runde.

Auch sollte man Kritik nicht persönlich nehmen, weil sie sich auch selten an die Person richte, sondern an den Spieler auf dem Feld. Wenn man schon Verständnisfragen stellen wolle, dann komme es sehr stark auf die Stimmführung an.

Runter mit der Stimmlage

Das heißt, der Fragestil sollte ein journalistischer sein, der Ton keinesfalls ein fragender, sondern mehr ein feststellender, die Stimme sollte also gegen Ende der Frage nach unten und nicht nach oben gehen. Das klingt vielleicht banal, mache aber den Unterschied aus, ob man als unwissend oder kompetent gelte.

Bei fachlichen Lücken empfehle es sich auch nicht ständig kundzutun, was man derzeit alles noch nicht wisse oder beherrsche. Das darüber Hinweggehen oder manchmal auch Drübermogeln über eine Situation, zu der man sich das entsprechende Wissen, dann nachträglich möglichst rasch aneigne, sei eine Eigenschaft, die man sich von Männern gut abschauen könne.
Wer im Internet auf Knaths Online-Machtspiel, ein virtuelles Karrierewürfelspiel stößt, wird darin neben jeder Menge Anlass zum Schmunzeln auch den Realitätsbezug finden. So scheidet man etwa zwei Spielfelder vor dem Chefsessel aus, weil man schwanger ist und es heißt: Vier Felder zurück. „In dem Moment, wo man schwanger ist, wird man im Umfeld automatisch von der Karriereliste genommen“. Dagegen anzukämpfen sei nicht einfach. Man müsse aber klar kommunizieren, dass man als Mutter nicht auf Führungspositionen verzichten werde, anstatt unter der Reaktion der anderen stumm zu leiden.

Die gläserne Decke hat für Knaths drei Ursachen. Zum einen sind es tradierte Rollenbilder in den Köpfen der Menschen, die sich nur langsam ändern. Zum anderen suche Gleiches gerne Gleiches. Das heißt ein machtorientierter älterer Mann sucht gerne einen machtorientierten jüngeren Mann als Nachfolger. Der dritte Punkt seien aber unweigerlich Fehler von Frauen in der Kommunikation und im Auftreten. Ein Punkt, der sich schulen und erlernen lässt, davon ist Knaths überzeugt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2007)


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