Michael Häupls Lieblingsprojekt an der Kippe

Die Presse (Fabry)
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Rothneusiedl. Planungen, zähe Gespräche, starke Widerstände in Favoriten gegen Stadion und EKZ. Eine Analyse.

Manche Großprojekte können in Wien sehr lang dauern: Schon im Stadtentwicklungsplan 1994 wurde Rothneusiedl als auszubauendes Zielgebiet definiert. Dann wurde das Projekt zurückgestellt, Priorität sollten Gebiete wie das Flugfeld Aspern haben. 2004 änderte sich das aber schlagartig, als Bürgermeister und bekennender Austria-Fan Michael Häupl sowie Magna- und Austria-Chef Frank Stronach übereinkamen, in Rothneusiedl das neue Austria-Stadion mit anschließendem Einkaufscenter zu errichten.

Mittlerweile, wieder einige Jahre später, ist Sand im Getriebe und Anrainer, Bürgerinitiativen und Oppositionspolitiker schöpfen Hoffnung, dass das Projekt nicht so kommt wie geplant. Vor allem seit bekannt wurde, dass sich der Magna-Konzern vom Pferde-Rennbetrieb im Magna Racino zurückziehen wird, herrscht Aufwind bei den Gegnern.

• Offiziell hat Häupl erst vor kurzem in einem „Presse“-Interview bekräftigt, dass „Rothneusiedl kommt“. Allerdings muss man auch den Zusatz lesen: „Wenn Frank Stronach dazu steht, dann kommt es.“ Und hier setzen die Kritiker an: Es sei ein Stronach-Projekt, und es sei fraglich, ob ein großer Konzern wie Magna tatsächlich viel Geld in ein „Liebhaberprojekt“ hineinsteckt. Weiters sei unklar, ob das Stadion bis 2011, dem hundertsten Geburtstag der Austria, steht. Und wenn das Stadion bis dahin nicht bespielbar ist, dann sei es für Stronach nicht attraktiv. Und schließlich wird noch argumentiert, dass mit dem Ausbau des Horr-Stadions (siehe Bericht unten) ohnehin viel Geld in eine Austria-Spielstätte fließe.

• Ein großer Rückschlag für das Rothneusiedl-Projekt war im Frühjahr die Entscheidung des neuen Verkehrsministers Werner Faymann, die A24 (Hansson-Spange, eine Verbindung zwischen Tangente und S1) auf Eis zu legen. Im Stadtentwicklungsplan 2005 und auch in einer von der Stadt beauftragten Verkehrs-Studie vom Jänner ist aber festgehalten, dass für den Ausbau Rothneusiedls die „Spange von der S1 zur A23 unbedingt erforderlich ist“.

• Die Gespräche zwischen privaten Grundstücksbesitzern, großteils Bauern, und Stadt sowie Magna laufen sehr zäh. Niemand zeigt Eile. Dem Vernehmen nach gab es zwischen den zuständigen Stellen der Stadt (Wohnfonds) seit Anfang des Jahres keine Gespräche mit privaten Grundeigentümern mehr: mit Magna gebe es Verkaufs-Kontakte, aber nur alle paar Monate, heißt es.

• Auch aus dem eigenen Bezirk bläst dem Projekt kalter Wind entgegen. Die Bezirksvorstehung, obwohl SP-geführt, steht Rothneusiedl offenbar eher skeptisch gegenüber, was sich in Äußerungen von Favoriten-Bezirksvorsteherin Hermine Mospointner dokumentiert („nicht unser Projekt“). Und mittlerweile haben sich im tiefroten Bezirk zwei Bürgerinitiativen gebildet. Eine (Stopp Megacity) hat schon fast alle Unterschriften, um eine Bürgerbefragung im Bezirk einleiten zu können.

Mögliche Szenarien: Erstens: Stronach und Häupl ziehen Stadion und EKZ ungerührt durch. Zweitens: „Frank“ zieht sich zurück, es wird weder Stadion noch EKZ errichtet. Der nördliche Teil von Rothneusiedl wird aber von der Stadt in großem Stil für Wohnungen ausgebaut. Dritte Variante: Das Stadion kommt nicht, und die Stadt beharrt auf einem EKZ, weil es über die S 1 fahrende Ost-Kunden auf Wiener Gebiet locken will. Das EKZ könnten Magna oder Private errichten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2007)

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