Abstimmung: Ladiner wollen wieder zu Südtirol gehören

(c) APA (Bernhard Grossruck)
  • Drucken

Drei ladinische Gemeinden wollen sich nach einer Volksbefragung an Südtirol angliedern. Obwohl der Weg dahin noch weit ist, sorgt das Ansinnen bereits für massive Verstimmung im Norden Italiens.

Der Ausgang der Volksbefragungen in drei ladinischen Gemeinden, unter anderem im Skiort Cortina d´Ampezzo, erregt die Gemüter in Norditalien. Dort hatte am Montag eine überwältigende Mehrheit der Befragten die Abtrennung von der venetischen Provinz Belluno und die Angliederung in die Region Trentino-Südtirol befürwortet. Für sich genommen hat dieses Ergebnis allerdings keine Rechtsgültigkeit. Nun müssen die zuständigen Landtage über das Thema beraten.

Giancarlo Galan, Präsident der Region Belluno und Mitglied der Berlusconi-Partei Forza Italia, kündigte an, im Falle einer Zustimmung des Südtiroler Landtags zur Angliederung, werde er zum italienischen Verfassungsgerichtshof und zum EuGH gehen: "Wer Wind sät, wird Sturm ernten", meinte Galan in einer schriftlichen Stellungnahme. Kritik übte Galan auch an der Aussage des Südtiroler Landeshauptmannes Luis  Durnwalder (SVP), dass Österreich durch die Erweiterung der international abgesicherten Südtirol-Autonomie seine Zustimmung geben müsse. Es sei nicht die Grenze zwischen Italien und Österreich im Spiel, sagte der venetische Regionalpräsident.

Durnwalder reagierte gelassen auf die Anschuldigungen Galans. "Gott sei Dank" müsse heute die Äußerungen etwa vom Präsidenten der Region Venetien, Giancarlo Galan, niemand mehr ernst nehmen, sagte er. Das Ergebnis sei eine Bestätigung für die eigene Identität der drei Gemeinden, eine Wertschätzung für die Südtiroler Verwaltung und zeige das historische Gedächtnis der dortigen Bevölkerung in Richtung 400-jähriger gemeinsamer Vergangenheit.

Bis zu 85,5 Prozent Zustimmung

Die Wahlbeteiligung lag zwischen 66 (Col/Colle Santa Lucia) und 78 Prozent (La Plié/Buchenstein). Im bekannten Wintersportort Cortina d'Ampezzo schritten 70,2 Prozent zu den Urnen. Den größten Anteil an Befürwortern eines Regionenwechsels gab es in Buchenstein mit 85,5 Prozent, gefolgt von 84,6 Prozent in Col. In Cortina sprachen sich 77,7 Prozent für einen Wechsel aus. Die Gegner hatten zu einem Boykott aufgerufen.

Fast 7.000 Einwohner hatten die Möglichkeit, über die "Rückkehr" zu jenem Gebiet zu entscheiden, dem sie bis vor 90 Jahren angehört hatten. Das ladinische Siedlungsgebiet war nach dem Ersten Weltkrieg auf drei Provinzen aufgeteilt worden. Außer im Belluno (Region Venetien) leben heute auch in Südtirol und dem Trentino (Region Trentino-Südtirol) Angehörige der Ladiner.

Langer Weg zur Angliederung

Die Volksbefragung ist nur der erste Schritt auf einem langen Weg zu einer möglichen Angliederung an Südtirol. Nach der Volksbefragung müssen noch die Region Venetien und die Region Trentino-Südtirol sowie die beiden Autonomen Provinzen Bozen und Trient ihre Zustimmung geben. Die Änderung müsste dann mit Verfassungsgesetz vom italienischen Parlament verabschiedet werden. Die Gebietsänderung müsste zudem mit dem Pariser Abkommen und dem Autonomiestatut für Südtirol in Einklang gebracht werden.

Die derzeitigen Grenzen Italiens und im Besonderen der Region Trentino-Südtirol sind im Friedensabkommen von 1947 festgeschrieben. Es gehe um die Grundprinzipien der Republik Italien, vor allem jene der Solidarität und der Gleichheit, wonach nicht finanzielle Privilegien erweitert, sondern angeglichen werden müssten, die nicht vom Gruber-De Gasperi-Abkommen vorgesehen sind. Dieser Vertrag wurde am 5. September 1946 abgeschlossen und ist benannt nach dem damaligen österreichischen Außenminister Karl Gruber und seinem italienischen Amtskollegen Alcide De Gasperi. Alternativ wird der Vertrag nach dem Ort der Unterzeichnung auch Pariser Abkommen genannt.

Der Autonomen Provinz Bozen - die zusammen mit der ebenfalls Autonomen Provinz Trient die Region Trentino-Südtirol bildet - stünden angemessene und besondere Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen, aber keine vergleichbar höheren finanziellen Privilegien zu. Es sei klar, dass mit einer Angliederung etwa der Gemeinde d'Ampezzo an Südtirol ein bereits reiches Gebiet weitere Vorteile erhalte, welche von den übrigen Bewohnern der Region Venetien und der übrigen benachteiligten Gebiete Italiens bezahlt werden müssten. (APA/Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.