Treffen der Generationen

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Wohnen. Umbauen oder umziehen? Wie die eigenen vier Wände seniorengerecht gestaltet werden. Und warum die Zukunft in Wohnanlagen für Alt und Jung liegt.

Produktdesigner, Makler, Bauforscher und -träger: Der demografische Wandel hält auch die Wohnbranche auf Trab. Findige Köpfe produzieren Kochherde, die sich automatisch abschalten, wenn man das Haus verlässt und Gurkenschäler für die nicht mehr so ganz ruhigen Hände. Projektentwickler denken über seniorengerechte Konzepte nach, Wohngemeinschaften und Residenzen entstehen. Und dass Wissenschaftler von der Renaissance der Städte sprechen – zuletzt etwa auf dem Kongress „Zukunft des Wohnens in Europa“ in Frankfurt – hat nicht zuletzt mit den Vertretern der Generation 50plus zu tun. Die einen verlassen immer öfter ihre Eigenheime und ziehen in eine Wohnung im urbanen Raum, die anderen wollen, so lange es geht, in den eigenen vier Wänden mitten in der Stadt bleiben.

Kein Lift? Nein, danke!

Diese sollen dann aber auch seniorengerecht gestaltet werden können. Was es zu beachten gilt, wenn eine Wohnung gesucht wird oder umgebaut werden soll? Gewisse Grundvoraussetzungen sind unabdingbar: „Es ist sinnlos, eine Wohnung im dritten Stock umzubauen, wenn das Haus keinen Lift hat“, sagt Hermann Mayer, Leiter der IfS-Beratungsstellen „Menschengerechtes Bauen“.

Und auch innerhalb der Wohnung müssen gewisse Bedingungen erfüllt sein: „Die Türbreite darf 80 Zentimeter nicht unterschreiten, außerdem muss in den Sanitärräumen ausreichend Platz sein, um mit einem Rollstuhl rangieren zu können. Ein Wendekreis im Ausmaß von eineinhalb Metern ist zumindest erforderlich.“

Weitere Voraussetzungen sind oft ohne großen baulichen Aufwand zu schaffen. Dazu zählt etwa der Einbau eines verstellbaren, unterfahrbaren Waschbeckens, von Bewegungsmeldern oder Haltestangen. Risiko Nummer eins lässt sich sogar mit einem einzigen Handgriff eliminieren: Die meisten Stürze passieren durch Teppiche. Apropos: Mayer rät dazu, den Umbau der Wohnung spätestens nach dem ersten unfreiwilligen Fall anzugehen.

Für länger jung

Für diejenigen, die sich den Umbau nicht antun möchten, gibt es Alternativen in der Stadt. Nach den Wohnanlagen, die speziell auf die Zielgruppe der Senioren zugeschnitten waren, kristallisiert sich jetzt aber ein anderer Trend heraus: Es geht in Richtung generationenübergreifendes Wohnen. Winfried Kallinger, Geschäftsführer des Bauträgers Kallco: „Vielen Leuten missfällt es, als Senior punziert zu werden.“ Man fühle sich heute viel länger jung, die Bezeichnung „Seniorenwohnung“ komme entsprechend schlecht an.

Barrierefrei bauen

Heute sollte seiner Meinung nach bereits bei der Planung aller Neubauten an Barrierefreiheit gedacht werden: „Es geht darum, die Wohnungen so zu errichten, dass sie später mit geringen Adaptierungsmaßnahmen seniorengerecht sein können“. Worauf es dabei unter anderem ankommt: „Es sollte keine Niveauunterschiede geben und auch keine dunklen Vorzimmer“, so Kallinger, wichtig sei auch die Übersichtlichkeit des Wohnraums.

Auch beim Österreichischen Siedlungswerk verfolgt man mit zwei Projekten im 22. Bezirk solch generationenübergreifende Ansätze. Mit den Bauten richtet man sich zwar direkt an die Generation 50plus, sie sollen aber gleichzeitig junge Leute anlocken. Die Bedürfnisse sind nicht so unterschiedlich: „Diese Generation ist viel mobiler als jene vor 20 Jahren. Sie wünscht sich daher eine gute Verkehrsanbindung, ebenso die Nähe zu Freizeitmöglichkeiten.“

Dass Barrierefreiheit ohnehin nicht nur mit dem Thema Alter oder Behinderung verbunden wird, zeigte kürzlich auch eine Enquete in Wien. Im Mittelpunkt standen dort nicht die Bedürfnisse und Anforderungen der Senioren, sonder Familienwohnen, kind- und jugendgerechte Planung. Das Motto: Was den Alten hilft, kann auch den Anderen nützen. Schließlich kann ein Kochherd, der sich von selbst abschaltet, sicher auch in jungen Haushalten von gutem Nutzen sein.

LINKS.

www.senior-in-wien.at/wohnen: Infos, Förderungen, Links, etwa zu Wohnprojekten

ww.isf.at:
Institut für Sozialdienste

www.freiraum-europa.at: barrierefreies Bauen

www.wohnservice-wien.at:
Übersicht über barrierefreie Wohnungen in Wien

www.grauwert.de:
Gestalter für Seniorenprodukte

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2007)

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