Teejause gegen Sängerknaben

APA
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Die „Freunde des Augartens“ protestieren gegen die geplante Konzerthalle und drohen mit einer Besetzung des Parks.

Wien. Eine Kanne mit grünem Tee köchelt auf einem Gaskocher, Pappteller mit Weihnachtskeksen warten auf die Protestierenden. Die für Montag Vormittag angekündigte „Warnbesetzung“ des Platzes vor dem Augartenspitz im zweiten Bezirk ähnelt eher einem besonnenen Teekränzchen. Richtig gemütlich wurde es dennoch nicht. Das liegt – neben den Stehplätzen – vor allem an den eisigen Temperaturen.

Einer der etwa 90 Anwesenden ist Klaus Donabauer, Anrainer aus der Castellezgasse. „Es ist eine Sauerei, dass der Augarten stückerlweise verbaut wird“, sagt der ältere Herr, der mit einer Wollhaube auf dem Kopf und einer dicken Winterjacke der Kälte trotzt.

Augarten kein „Baugarten“

Er ist gegen die geplante Konzerthalle für die Wiener Sängerknaben – den „Riesenkasten“, wie er das Projekt nennt, dem Wirtschaftsminister Martin Bartenstein vergangene Woche grünes Licht gab. Das abgewiesene Konkurrenzprojekt – das Kinozentrum – wäre hingegen „das kleinere Übel“. Dieses hätten die Anrainer zumindest nutzen können, sagt Donabauer. Am liebsten wäre ihm und den meisten Demonstranten aber, wenn der Augarten künftig unverbaut bliebe.

Gegen einen „Baugarten“ wehrt man sich auch bei der Anrainerinitiative „Freunde des Augartens“, Veranstalter der Kundgebung. „Der Augarten soll ein Park bleiben“, sagt Vereinsobfrau Angela Kraus. Sie kritisiert die Entscheidung des Ministers, die trotz 3000 Unterschriften und dem laufenden Leitbildprozess mit Bürgerbeteiligung gefällt wurde. Die Forderung der Anrainerinitiative: „Kein Baubeginn vor dem Ende des Leitbildprozesses“.

Hochrangige Schützenhilfe erhält die Bürgerinitiative von den Wiener Grünen. „Es geht darum: Nimmt man die Menschen ernst?“, sagt Rathaus-Klubobfrau Maria Vassilakou. Kultursprecher Wolfgang Zinggl attestierte Ministerin Claudia Schmid (SP) „Versagen“ und „Handlungsunfähigkeit“.

Wieder Besetzung angedroht

Die Initiative will nun weiterhin in die rechtliche und aktionistische Fundgrube greifen – schließlich werde das Projekt derzeit geprüft. Würden das Wirtschaftsministerium und die Sängerknaben aber auf der Konzerthalle beharren, denke man daran, „eventuell den Augarten zu besetzen“, sagte eine Vertreterin. Dass der Protest trotz der Kälte gut besucht war, stimmt die Organisatoren zuversichtlich. „Wir können ausharren“, hieß es.

Kritik am Engagement der Grünen kam unterdessen von der Wiener ÖVP. In einer Presseaussendung bezeichnete der Planungssprecher der ÖVP Alfred Hoch das Handeln der Grünen als „geradezu unverschämt“. Die Partei würde sich einer Bürgerinitiative bemächtigen und daraus politisches Kapital schlagen.

AUF EINEN BLICK

Eine Bürgerinitiative und die Grünen protestierten am Montag gegen die Entscheidung des Bundes, den Wiener Sängerknaben den Augartenspitz für den Bau einer Konzerthalle („Klangkristall“) zur Verfügung zu stellen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2007)

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