Hickersberger: Integration eines Revoluzzers

APA (Guenter Artinger)
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Teamchef Josef Hickersberger holt Pogatetz, Linz und Prager für das Länderspiel gegen Deutschland (6. Februar). Das wird auch aus gruppendynamischer Sicht spannend.

WIEN. „Ich muss euch enttäuschen – es gibt keine Sensation.“ So kommentierte Österreichs Fußball-Teamchef seinen ersten Kader des Jahres 2008, „und es war gar nicht so einfach, die Richtigen zu finden.“ Die Bundesliga pausiert noch, die Mannschaften befinden sich zum Großteil auf Trainingslager, stecken mitten in der Vorbereitung. Die Kandidaten befinden sich in unterschiedlicher Verfassung, daher wird das Länderspiel gegen Deutschland am 6. Februar für Josef Hickersberger auch zum „Hochrisiko-Spiel.“ Des Gegners Stärke ist allgemein bekannt, auf Rotweißrot wartet ein Kaltstart. „Aber zum Glück“, so der Teamchef, „hat der DFB das Match nicht abgesagt. Gegen kaum einen anderen Gegner hätten wir jetzt ein volles Stadion zusammengebracht.“

Eine Frage des Gefüges

Für Josef Hickersberger, 59, wird das Länderspiel (50. als Teamchef) ein weiterer Höhepunkt in seiner Karriere. „Weil ich als Spieler und auch als Trainer in Deutschland aktiv war, schöne Jahre bei unserem Nachbarn verbracht habe.“ Nun gilt aber: „Wir wollen von den Besten lernen.“ Zunächst gegen die Auswahl von Joachim Löw, später von den Niederlanden und von Nigeria.

Erstmals seit September 2006 wird vor dem Deutschland-Länderspiel ein „Revoluzzer“ wieder zum Team stoßen. Emanuel Pogatetz, der seine Sperre gegen Tunesien und England abgesessen hat, kehrt ins Aufgebot zurück. Der Middlesborough-Legionär, von seinen Fans nur „Mad Dog“ genannt, war zuletzt für Hickersberger aber nicht erreichbar. Daher musste ein längeres Gespräch mit ihm auf den Zeitraum der Wiener Kasernierung verschoben werden. „Wichtiger ist ohnedies, dass er sich mit seinen Mitspielern unterhält.“ Vor allem mit den Schlüsselfiguren wie Martin Stranzl oder Andreas Ivanschitz. „Bei mir braucht sich Pogerl nicht zu entschuldigen – was mich interessiert ist, dass er sich wieder in die Mannschaft einfügt.“

Einige Nationalspieler stehen dem Comeback des „Revoluzzers“ skeptisch gegenüber. „Es hat sich ein Teamgeist entwickelt“, erklärt Hickersberger. „Die negativen Ergebnisse und die harte Kritik haben einen Zusammenhalt beschleunigt.“ Daher stellt sich die Frage, ob Pogatetz „in gruppendynamischer Sicht ein Gewinn für die Mannschaft ist.“

Die Hand schütteln wird der Teamchef auch bald wieder Roland Linz und Thomas Prager können. Der Portugal-Legionär hat zuletzt für Braga immer wieder getroffen, jetzt gibt es keinen Grund mehr, Linz weiter „dunsten“ zu lassen. Auch mit ihm hat es keinen Kontakt gegeben, über die Mailbox lässt sich nur schwer kommunizieren. Die enttäuschenden Leistungen beim Viernationenturnier sind vergessen. „Es geht aber nicht nur um Leistung – sondern auch um Leistungsbereitschaft!“ Ähnliches gilt für Prager, der bei Heerenveen zumindest wieder zu Kurzeinsätzen kommt.

Fast rücksichtslos

Die Euro naht und Hickersberger betont, dass es künftig „keine Experimente mehr gibt, aber auch keine Rücksichtnahme mehr.“ Gegen Deutschland aber will er vor allem auf EM-Kandidaten bauen, die über Spielpraxis verfügen. Um aus „Hochrisiko“ wenigstens ein kalkulierbares Risiko zu machen.

ÖSTERREICHS AUFGEBOT

Tor: Alexander Manninger (Siena/ 25 Länderspiele), Helge Payer (Rapid/14).

Abwehr: Christian Fuchs (Mattersburg/14/0 Tore), György Garics (Napoli/10/1), Andreas Ibertsberger (Freiburg/12/1), Emanuel Pogatetz (Middlesbrough/23/1), Sebastian Prödl (Sturm/6), Martin Stranzl (Spartak Moskau/ 42/2).

Mittelfeld/Angriff: René Aufhauser (Salzburg/48/10), Martin Harnik (Werder/5/1), Andreas Ivanschitz (Panathinaikos /35/5), Veli Kavlak (Rapid/3), Roman Kienast (Ham-Kam/4), Christoph Leitgeb (Salzburg/16), Roland Linz (Braga /28/5), Thomas Prager (Heerenveen /12/1), J. Säumel (Sturm/7), Joachim Standfest (Austria/27/2).

Auf Abruf: Gratzei (Sturm Graz), Ertl (Austria), Hiden (Rapid), Patocka (Rapid), Hoffer (Rapid), Mörz (Mattersburg), Salmutter (Sturm), Weissenberger (Frankfurt).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2008)

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