High-Performer: In Europa angekommen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Christoph Lindinger, 45, Managing Partner, Schönherr.

Das Datum seiner Anwaltsprüfung kündigte Christoph Lindinger bereits in der vierten Klasse Volksschule an. „In das Jahrbuch habe ich den Tag eingetragen, an dem ich Rechtsanwalt sein werde“, erklärt Lindinger, mittlerweile Managing Partner von Schönherr Rechtsanwälte. So hat ihn an jenem Tag ein Anruf seines ehemaligen Lehrers ereilt, ob er denn schon gratulieren könne – der Jurist musste ihn um nur vier Wochen vertrösten.
„Anwalt zu werden, lag in meiner Familie nahe“, erklärt Lindinger, selbst Sohn eines Advokaten. Weitere Weichenstellungen in seinem Leben waren in gewisser Weise vorherbestimmt. So auch sein Einstieg bei Schönherr nach dem Jus-Studium in Salzburg. „Mir war klar, dass ich hierher wollte.“ Zwar verließ der Jurist die Sozietät im späteren  Berufsleben noch einmal, um in der Rechtsabteilung der RZB zu werken. „Hier erarbeitete ich mir den wirtschaftlichen Background, von dem ich später sehr profitiert habe.“ 1992 zog es ihn allerdings wieder zu „seiner“ Kanzlei zurück, in der er rasch zu einem anerkannten Vertragsexperten aufstieg.
1994 wurde er Partner und 2001 Mitglied des Executive Committees. Vergangenes Jahr veränderte die Sozietät ihre Strukturen und Lindinger wurde zum alleinigen Managing Partner. Unter seiner Führung orientierte sich das Unternehmen neu. „Wir haben uns von einer soliden österreichischen Anwaltskanzlei zu einem international etablierten Rechtsberatungsunternehmen entwickelt“, erklärt er. Eine Konstante ist ihm dabei besonders wichtig: Der hohe Qualitätsstandard der Partner und Mitarbeiter: „Denn was letztlich zählt, ist die exzellente persönliche Beratungsleistung.“
Konsequent wurde der Blick über die Landesgrenzen erweitert. „Linie halten, Wort halten“ – so beschreibt Lindinger selbst seinen Führungsstil: „Bevor ich den Kurs ändere, brauche ich schon wirklich gute Gründe.“ Diese Art von Management werde vor allem von den ausländischen Kollegen gut aufgenommen. „Am Anfang war es der wilde Osten“, erinnert er sich an die Anfänge der Büros in Mittel- und Osteuropa.
Internationale Expansion
1994 wurde der Standort in  Brüssel gegründet, 1996 folgte Bukarest, 2000 Laibach und Zagreb, im Jahr darauf Belgrad, 2004 Sofia und 2005 Kiev. Heuer im Jänner wurde außerdem ein Büro in Budapest eröffnet. Das Unternehmen bezeichnet sich selbst als „europäische Kanzlei“, welche die Vielfalt betont. „Wir begegnen einander auf Augenhöhe.“ Um das allen Mitarbeitern ständig bewusst zu machen, investiert Schönherr „einen Haufen Zeit und Geld“ in gemeinsame Ausbildungs- und Teambuildingaktivitäten.
„Wir sind auf einem Wachstumsmarkt tätig“, erklärt der Manager. Das BIP-Wachstum in der Region, in der Schönherr tätig ist, werde in den nächsten fünf Jahren zwischen 4,2 und 6,8 Prozent betragen. „Flexibilität als Key-Driver für höchste Profitabilität in einer europäischen Größenordnung“, so skizziert er seine Strategie. Als Dimension für die Zukunft strebt er ein Wachstum von aktuell über 230 Berufsträgern auf „400 bis 500 Anwälte in den nächsten Jahren“ an – eine Kampfansage für die Branche.
Mitbewerber aus anderen Großkanzleien beschreiben den Karriere-Juristen als zäh, ausdauernd und hemdsärmlig. Sie gestehen ihm eine klare Ausrichtung des Unternehmens zu, welche sich auch in einer gewissen Bodenständigkeit im Umgang mit Mitarbeitern ausdrückt. Diese Eigenschaften decken sich mit dem Selbstbild des vierfachen Familienvaters. „Wort halten“ – das ist für ihn nicht bloß eine Floskel: „Wenn ich etwas zusage, dann halte ich das auch.“ So wie serbischen Kollegen, denen er bei Erreichung eines hohen Umsatzziels einen gemeinsamen Flug nach Brasilien zugesagt hatte. Als diese ihn per E-Mail auf ihren Erfolg aufmerksam machten und an sein Versprechen erinnerten, bestand Lindingers Antwort aus nur drei Worten: „Lufthansa or Alitalia?“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2008)

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