Autoritär, brutal, vordemokratisch

Die absurdeste Ausformung des Feudalen findet man in Niederösterreich.

Österreich hat eine freie Presse. Stimmt. Österreichs Rechtsstaat funktioniert. Stimmt weitgehend. Aber, es gibt Ausnahmen: Unsere neun Bundesländer verharren, im unterschiedlichen Ausmaß zwar, im Zustand des Feudalstaates.

Das äußert sich schon an der Tatsache, dass die Bezeichnung „Landesfürst“ für die Landeshauptleute inzwischen weitgehend ironiefrei verwendet wird. Die absurdeste, am meisten groteske Ausformung des Feudalen findet man in Niederösterreich.

Kernmerkmal: Völlige Absenz unabhängiger, freier Medien. ORF Niederösterreich? In keinem Bundesland wird so devot der Landeshauptmann hofiert. Kritische Berichte finden nicht statt, die Einflussnahme der ÖVP ist unmittelbar, brutal, jeder Insider kennt dazu Dutzende Geschichten. In keiner „Bundesland-heute“ Sendung kommt der Landeshauptmann so oft vor wie in NÖ.

Printmedien? Die Wochenzeitung NÖN ist total auf Parteilinie getrimmt. Jüngstes Beispiel: Ein aktuelles Wahlplakat von Erwin Pröll wird einfach als Titelbild genommen.

Die völlige Abhängigkeit erklärt sich schlicht ökonomisch. Von den rund 3 Mio. Presseförderung des Landes (kein Pappenstiel) erhalten die NÖN den größten Teil.

Andere Medien werden ökonomisch unter Druck gesetzt: Nach kritischen Artikeln wird beim Chefredakteur angerufen und „Konsequenzen“ verlangt. Sonst werde man nicht nur die Inserate des Landes, sondern auch jene „befreundeter“ Unternehmen, wie Raiffeisen oder EVN abziehen.

Dieser Machtmissbrauch äußert sich auch personell: Der Leiter des Pressedienstes des Landes, u.a. zuständig für die Inseratenvergabe, ist gleichzeitig Pressesprecher Erwin Prölls.

Weiterer Machtmissbrauch: Kulturschaffende, die für ihre Arbeit Unterstützung des Landes erhielten, ereilte in letzter Zeit ein Anruf des Unterstützungskommitees Pröll: Man habe doch sicher nichts dagegen, an diesem teilzunehmen, oder?

Es fragt sich, was schlimmer ist. Die Zustände als solche, oder die weitgehende Absenz einer grundsätzlichen Kritik an diesen vordemokratischen, autoritären Zuständen.

Es ist absurd, aber eine Tatsache: Könnte ein Staat mit politischen Strukturen wie den vorherrschenden in Niederösterreich der EU beitreten? Mit Sicherheit nicht.


chorherr.twoday.net("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2008)

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