"Sauna-Affäre": Geiger sieht sich als Polizei-Opfer

(c) Reuters (Heinz-Peter Bader)
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Der suspendierte Wiener Kripo-Chef Ernst Geiger bekennt sich des Amtsmissbrauchs noch immer „nicht schuldig“.

WIEN. Hofrat Geiger kennt seine Rechte. Kein Wunder, er ist Jurist, Polizeijurist. Er möchte, so sagt der 53-Jährige am Montag vor Gericht, eine „zusammenhängende Darstellung“ seines Falles abgeben. Dieses Recht hat er. So ganz zusammenhängend ist die Darstellung dann zwar nicht, immer wieder stellt Richterin Minou Factor Zwischenfragen – aber eines kommt letztlich doch klar heraus: Geiger setzt nun, bei der Neuaustragung seines Amtsmissbrauchs-Prozesses, ganz auf die Auswirkungen des Wiener „Polizei-Kriegs“.

Vor dem Hintergrund dieses Geflechts aus Intrigen und Verleumdungen sei er als Opfer zu sehen. Und nicht als Täter.

Der Vorwurf, den Staatsanwalt Friedrich König erhebt, ist schnell gesagt: Geiger habe am 10. März 2006 Amtsmissbrauch begangen, indem er seinem Freund Wolfgang Bogner, dem damaligen Betreiber der Sex-Sauna „Goldentime“, einen Razzia-Termin verraten habe. Bogner – er ist wie berichtet kürzlich überraschend verstorben – sagte beim ersten Geiger-Prozess als Zeuge, dass der Vorwurf nicht stimme. Das gleiche gab Geiger an. Und er bleibt dabei. Wortgleich sagt er am Montag vor dem Schöffensenat, was er bereits im „Presse“-Interview (Wochenend-Ausgabe) erklärt hatte: „Ich habe mein Amt nicht missbraucht und auch keine Amtsgeheimnisse verraten.“

„Berichtspflicht verletzt“

Man könne die Sauna-Affäre eben nur dann richtig bewerten, so doziert nun Polizeijurist Geiger, wenn man sich genau ansehe, wie es zur Verfolgung seines Freundes Bogner – und damit auch zu seiner eigenen Verfolgung kam. Geiger: „Der Akt wurde zu einer sehr ungewöhnlichen Zeit, am 13. August 2005 um 0.59 Uhr, angelegt. Von Frühwirth, in der Freizeit.“ Zur Erklärung: Oberst Roland Frühwirth, einst Chef der Kriminaldirektion 1, gilt als Getreuer des ebenfalls suspendierten Polizeigenerals Roland Horngacher – Geigers Intimfeind.

„Wenn man bei Bogner den Verdacht auf Menschenhandel hat, hätte Frühwirth dem Bundeskriminalamt und anderen Vorgesetzten berichten müssen“, so Geiger. Dies sei unterblieben. Während der Akt als Verschluss-Sache geführt wurde, sei zudem etwas geschehen, das Horngacher „besonders böse“ gemacht habe: Er, Geiger, habe in einer Pressekonferenz die Klärung des Saliera-Diebstahls verkündet. Der General habe daraufhin nach dem Motto „Jetzt muss endlich was geschehen“, die Sauna-Ermittlungen forcieren lassen. Frühwirth habe in Sachen „Sauna“ eine Anzeige eingebracht – „ohne Beweise“. In Folge sei es zu Telefon-Überwachungen bei Bogner gekommen. Dabei seien auch Gespräche zwischen ihm und Bogner aufgezeichnet worden.

Laut Anklage ergeben sich aus diesen Gesprächen Indizien für den Verrat des Razzia-Termins. Eine dezidierte Nennung des Termins findet sich in den Telefon-Protokollen allerdings nicht.

Vernichtender Prüfbericht

So eigenartig die Amtshandlung auch gewesen sein mag (Frühwirth ist heute, Dienstag, als Zeuge geladen und kann dazu Stellung nehmen) – ihr folgten etliche Verfahren. Darunter drei große Strafprozesse: Bogner stand wegen Zuhälterei vor Gericht und wurde rechtskräftig freigesprochen. Geiger bekam wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses drei Monate bedingt. Der OGH ließ dieses Urteil aber nicht gelten. Die Höchstrichter ordneten die nun stattfindende Wiederholung der Verhandlung an: Die Preisgabe einer Razzia würde den Staat in seinen Kontrollrechten schädigen, daher sei der gegen Geiger erhobene Vorwurf als Amtsmissbrauch zu werten – vorausgesetzt, der Vorwurf lasse sich beweisen.

Auch Geigers Rivale Horngacher wurde inzwischen in erster Instanz verurteilt. Zu 15 Monaten bedingter Haft wegen Amtsmissbrauchs. Sowohl Geiger als auch Horngacher hatten einst Ambitionen auf das Amt des Wiener Polizeipräsidenten. Genau das heizte den „Polizei-Krieg“ stetig an.

Was die schweren Mängel der gegen ihn geführten Amtshandlung anlangt, könnte Geiger Recht behalten: Ein Prüfbericht des Büros für Rechtsfragen geht mit den Ermittlungen hart ins Gericht (siehe Artikel unten). So heißt es, dass „anonyme Anzeigen zum Zwecke des Aufbaus einer Verdachtslage fingiert“ worden seien. Geiger-Anwalt Manfred Ainedter stellt den Antrag, die Telefonüberwachungs-Protokolle nicht als Beweismittel zuzulassen. „Wenn wir Menschen aufgrund einer rechtswidrigen Vorgangsweise verurteilen, dann Gute Nacht Rechtsstaat Österreich.“ Staatsanwalt König bleibt unbeeindruckt: „Ein leitender Kripo-Beamter darf eine Razzia nicht verraten. Auch wenn er der Ansicht ist, die Razzia ist schikanös.“

AUF EINEN BLICK: 2. Anlauf im Geiger-Prozess

Neuaustragung des Amtsmissbrauchs-Prozesses gegen den suspendierten Wiener Kripo-Chef Ernst Geiger (53): Der Angeklagte verweist auf den Wiener „Polizei-Krieg“. Sein Rivale Roland Horngacher habe eine fragwürdige Amtshandlung in Sachen „Sauna-Affäre“ initiiert. Ohne Grundlage sei er, Geiger, ins Visier der Fahnder geraten. Den Vorwurf, er habe dem Sauna-Betreiber einen Razzia-Termin verraten, bestreitet Geiger. Urteil vermutlich am Donnerstag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2008)


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