12. März 1938: Der Einmarsch war nicht nur ein Blumenkorso

Über den Inn nach Österreich
Über den Inn nach ÖsterreichBundesarchiv
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Die deutsche Invasion war von Hitler einigermaßen überraschend angeordnet worden und erwischte viele deutsche Top-Offiziere und ganze Truppenteile auf dem falschen Fuß. Es ging dann auch um Chaos, Alkohol, technische Defekte und Tod.

"Die Mannschaften (zu alt, Bauernknechte, schlecht gepflegt) sind undiszipliniert, trinken außerordentliche Mengen Bier. (...) Die Reservisten sitzen in den Wirtschaften und saufen. (...) Die Ortschaft ist angefüllt mit Mannschaften, die teils stark angetrunken sind, da sie schon seit dem Vormittag eintrafen."

Nicht nur die Offiziere der deutschen Gebirgsdivision (eigentlich war es damals formell noch eine Brigade), die sich am 11. März 1938 im Raum Bad Reichenhall nahe der Stadt Salzburg mobilisiert und zusammenzieht,  merken, dass es im Getriebe des Aufmarschs gegen Österreich knirscht. Hitlers Befehle waren nämlich so überraschend gekommen, dass wesentliche Teile der gesamten Invasionsarmee am Tag danach, dem 12. März, eher in wirrem Zustand denn in strenger Formation, mehr müde und angeschlagen denn frisch und strahlend in Österreich einrücken.

Aus dem Stab der 2. Panzerdivision heißt es: „Es ist erstaunlich, dass diese ,Kolonnen´ Wien überhaupt erreicht haben."

Ein militärischer Schnellschuss

Tatsächlich hatte Adolf Hitler nämlich erst am Vormittag des 10. März dem Oberkommando der Wehrmacht mitgeteilt, dass er gegen Österreich ziehen will, ja wegen der dort von Bundeskanzler Kurt Schuschnigg am Vortag überraschend für 13. März angesetzten Volksabstimmung über das Berchtesgadner Abkommen müsse, um dem zuvorzukommen. In dem Vertrag, den Hitler auf allerhand Art und Weise letztlich erzwungen hatte, sollte vor allem die Legalisierung der Nationalsozialisten in Österreich und deren Teilhabe an der Regierung durchgesetzt werden.

Nur: Um gegen Österreich zu ziehen, dafür gibt es keine Pläne! Frühere Ideen dazu von Generalmajor Erich von Manstein, dem späteren legendären Feldmarschall (1887 bis 1973), hatte man verworfen - aus Angst, ihr Bekanntwerden würde ein Eingreifen der Westmächte, der Tschechen oder Italiener auslösen.

Also muss ein schnell zusammengewürfelter Stab, dem unter anderem Manstein, Ludwig Beck (Chef des Generalstabs des Heeres) und General Heinz Guderian (1888-1954), der Schöpfer und damalige Chef der gesamten deutschen Panzertruppe, angehören, spontan einen Plan entwickeln. Weitere wichtige Offiziere müssen dafür erst nach Berlin eingeflogen werden, etwa Luftwaffengeneral Erhard Milch aus dem Urlaub in der Schweiz.

Fedor von Bock (1880-1945)
Fedor von Bock (1880-1945)Wehrmacht/gemeinfrei

Schon am Abend steht der Plan. Die Kernpunkte (siehe Karte unten): Man kreiert die 8. Armee unter General Fedor von Bock mit Hauptquartier in Mühldorf am Inn, das ist nicht weit entfernt von Braunau. Unter ihrem Befehl sollen bis Mittag, 12. März, die 7. Infanteriedivision (Hauptquartier München) bei Braunau sowie die 10. Infanteriedivision (Regensburg) bei Passau und Schärding über die Grenze gehen und Brückenköpfe bilden. Von diesen heraus würden dann die 2. Panzerdivision (Würzburg) und das motorisierte SS-Regiment „Leibstandarte Adolf Hitler" (Berlin) nach Wien, dem natürlichen strategischen Hauptziel der gesamten Operation vorpreschen. Die damals noch großteils marschierende Infanterie folgt.

Es ist eigentlich und ungewollt ein erster Praxistest der Theorie schneller motorisierter Kriegsführung und von Vorstößen ins Hinterland ohne Rücksichtnahme auf die langsameren Truppenkörper der Infanterie und Artillerie. Unter den gegebenen Umständen funktionierte das allerdings auch weit besser, als es die Theoretiker dieser Form militärischer Operationen erwartet hatten.

Luftlandetruppen nach Graz und Klagenfurt

Gleichzeitig nehmen Gebirgstruppen Salzburg und rücken weiter in die Obersteiermark, am Ende nach Kärnten. Nach Kufstein, Innsbruck, bis zur Brennergrenze und nach Vorarlberg rücken einzelne Infanterie- bzw. Gebirgsjägerregimenter.

Luftlandetruppen werden in Wien, Graz und Klagenfurt abgesetzt. In der zweiten Welle folgen bis 13. März die 17. und 27. Infanteriedivision (Nürnberg/Augsburg) ins Donautal, dazu SS-Truppen, unter anderem nach Tirol, und 12.000 Polizisten. Die 97. Landwehrdivision ist Reserve. Kärnten und die Steiermark werden, wie gesagt, später besetzt. Die Luftwaffe verlegt Aufklärungs-, Jagd- und Bomberstaffeln nach Bayern und Baden-Württemberg.

Aufstellung der Invasionsarmee
Aufstellung der InvasionsarmeeHildegunde Rieger

Als Hitler gegen 19 Uhr die Mobilmachung der 8. Armee befiehlt, geht es vielerorts drunter und drüber: Die Aktion ist der erste wirklich große Einsatz der deutschen Streitkräfte seit 1918. Nun aber ist an jenem Donnerstagabend bei einigen Einheiten kein Offizier in der Kaserne. Der Stab der 2. Panzerdivision weilt im fernen Trier, um „in einer Weinprobe die schönsten Lagen der Mosel zu verkosten", wie es später hieß.

Volle Männer, leere Tanks

Die Rekruten sind halb ausgebildet, Reservisten strömen nur zäh und komplett aus dem Alltag gerissen in die Kasernen, dazu sind sie oft an Waffen, die nicht mehr im Dienst stehen, ausgebildet.

Offiziere und Unteroffiziere der Reserve rücken nicht selten bei falschen Einheiten und an falschen Orten ein. Die Bäcker-Kompanie der 27. Inf.-Div. etwa zieht irrtümlich Packmeister einer Möbelfirma ein, Insassen einer Nervenheilanstalt (man sagte damals "Irrenhaus") bekommen ebenso irrtümlich Einberufungsbefehle. Viele Kraftfahrer erweisen sich als disziplinlos, vielleicht sind sie auch bloß überfordert in all der Hektik. Und dann der Alkohol: Viele der in der Nacht auf Freitag und noch am nächsten Tag Einrückenden sind ganz einfach angetrunken, besoffen oder verkatert.

Dazu massenhaft Materialmängel: Mangels Uniformen müssen viele Soldaten, vor allem die "Systemerhalter" (etwa Fahrer, Magazineure, Schreiber, Bautrupps) und Kampfunterstützungstruppen Räuberzivil tragen. Viele Stiefel sind nicht eingelaufen, das führt zu zahlreichen Ausfällen beim Marsch. Maschinengewehre sind in auffallend schlechtem Zustand, Munition für Granatwerfer ist seltsamerweise kaum vorhanden, sodass „mancher Offizier beim Gedanken an Kampf ein schlechtes Gefühl hatte", wie ein Bericht eines Offiziers besagt.

Der schlechte österreichische Sprit

Und dann ist da das Spritproblem, das vor allem die Panzer und Panzerwagen betrifft: Als die am 11. März nach längerer Anfahrt durch Passau rasseln, sind ihre Tanks ziemlich leer und die lokalen Vorräte zu gering. Tankzüge treffen erst nach Beginn des Einmarschs ein: Also wird dann unterwegs bei österreichischen Tankstellen aufgetankt – wegen der verhältnismäßig schlechten Treibstoffqualität gehen allerdings Motoren zuhauf ein.

Chiang Wei-kuo (li.) in Gebirgsjägeruniform und mit Schützenschnur (für besonders gute Schießleistungen) mit einem unbekannten deutschen Offizier, etwa 1938
Chiang Wei-kuo (li.) in Gebirgsjägeruniform und mit Schützenschnur (für besonders gute Schießleistungen) mit einem unbekannten deutschen Offizier, etwa 1938gemeinfrei

Ein schräges Detail am Rand: Man könnte überspitzt sagen, dass der deutsche Einmarsch von China direkt unterstützt wurde. Einer der Panzer der 8. Armee wurde nämlich von einem jungen Fähnrich namens Chiang Wei-kuo kommandiert. Der war ein Adoptivsohn des national-chinesischen Präsidenten Chiang Kai-shek und wurde damals in Deutschland ausgebildet, zeitweise auch bei den Gebirgstruppen. Später wurde Chiang Wei-kuo (1916-1997) General des Heeres der Republik China (Taiwan) und eine wichtige Figur in der Kuomintang-Partei.

"Wickel" in Vorarlberg

Dennoch klappt der Einmarsch am 12. März ab der Früh ganz gut. Zuerst ist ganz im Westen Vorarlberg dran: Um vier Uhr besetzt ein Stoßtrupp des Infanterieregiments 14 die zwei Zollhäuser in Hörbranz. Die Gemeinde grenzt an die deutsche Bodenseestadt Lindau. Zu dem Zeitpunkt machen in Bregenz und Dornbirn schon Beamte der Gendarmerie Dienst mit "eingebetteten" einheimischen SS-Männern, und so wie in manch anderem Ort in Österreich hatte sich schon ein deutscher Offizier in zivil als Aufklärer bzw. Vorposten in Bregenz eingenistet.

Als die Zollbehörde in Bregenz wieder einmal telefonisch anfragt, ob man vom Zollhaus aus Deutsche sehe, kommt die Antwort: „Alles ruhig." Am Hörer in Hörbranz war dabei freilich ein deutscher Offizier oder Soldat.

Die Deutschen lassen sich noch ziemlich Zeit, obwohl die Garnison in Vorarlberg, primär das Bregenzer Alpenjägerbataillon, klein und erwartungsgemäß nicht kampfbereit ist. Erst gegen viertel nach acht wird Bregenz als erste Landeshauptstadt Österreichs von Vorauseinheiten besetzt, die Kolonnen fahren entlang des Bodenseeufers ein.

Dabei müssen sie an der Bilgeri-Kaserne vorbei, die es noch heute gibt. Dort gibt es kurz Wirbel, weil ein Bundesheerleutnant namens Wilhelm Waldsam vom Artillerieregiment 6 seine Kanonen aus Trotz in den Bodensee werfen will, damit "die Piefke sie so schnell nicht kriegen". Die Bregenzer Garnison wird aber schnell entwaffnet und kurzfristig sogar eingesperrt.

Deutsche mit 37-mm-Pak in Bregenz
Deutsche mit 37-mm-Pak in Bregenzvobs.at

Um 5.30 Uhr geht es dann im Osten los: Bei Passau, Schärding, Braunau rückt wie geplant Infanterie vor. In den Orten tauchen plötzlich Nazi-Fahnen auf, und Jubel erschallt zur frühen Stunde. Radfahrspäher fahren vor zur Dürren Aschach (Raum Neumarkt im Hausruckkreis/ Peuerbach). Sie melden zurück: „Begeisterter Empfang, Bevölkerung nationalsozialistisch!"

Der rumplige Vorstoß der Panzer

Unerwartet rumplig gestaltet sich der Stoß der Panzerdivision: Sie fährt als über Dutzende Kilometer auseinandergezogene Kolonne und braucht durch Passau nicht weniger als vier Stunden. Die damals in Ostösterreich geltende Linksfahrordnung verwirrt die Fahrer, es gibt Unfälle. Darum und wegen technischer Gebrechen bleiben, neben vielen Lkw und kleineren Fahrzeugen, 39 Panzer und sieben Spähwagen liegen – das waren satte 20 Prozent der 2. Panzerdivision, und das alles ohne Gefechtssituation.

Deutsche Panzerspähwagen am frühen Morgen
Deutsche Panzerspähwagen am frühen MorgenBundesarchiv

General Guderian spricht in seinen Memoiren "Erinnerungen eines Soldaten" allerdings von einem Ausfall in Höhe von sogar einem Drittel der mechanisierten Truppe, nennt das aber „normal". Für ihn war alles angesichts der Umstände okay verlaufen. Er warf "Laien auf dem Panzergebiet", darunter General von Bock, vor, die Sache übertrieben zu haben.

Die Memoiren von Churchill versus jene Guderians

In denselben Memoiren zitiert Guderian tatsächlich den britischen Premierminister Winston Churchill: Der erzählt in seinen 1953 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichneten Memoiren "Der Zweite Weltkrieg", dass "die deutsche Kriegsmaschinerie schwankend über die Grenze gerumpelt und in der Nähe von Linz zum Stillstand gekommen war." Churchill meinte, die meisten Panzer hätten versagt, und "Hitler, der im Auto durch Linz fuhr, sah die Verkehrsstockung und war rasend vor Wut. Die leichten Panzer wurden aus dem Gewirr befreit und rollten einzeln in den frühen Morgenstunden des Sonntags in Wien ein. Die schweren Panzer und die motorisierte Artillerie wurden auf die Bahn verladen."

Aber Churchill sei "falsch informiert worden", schreibt Guderian. Er erklärt das auch ganz gut, aber lassen wir das, das führet jetzt zu weit. Und Zweifel bleiben. So problemlos war der deutsche Einmarsch jedenfalls nicht.

Deutsche Kolonne, vorne ein Panzer II
Deutsche Kolonne, vorne ein Panzer II(c) Bundesarchiv

Und gewiss fordert der Einmarsch doch Opfer. Und da geht's nicht nur um Blasen an den Füßen – oder um Leute wie den deutschen Offizier Otto Lancelle, Kommandeur einer Artillerieeinheit, dessen Pferd knapp hinter der Grenze bei Altheim nahe Braunau „wegen des spontanen Jubels der Bevölkerung" scheut, der vom Pferd stürzt und sich den Fuß bricht: Nicht weniger als 25 deutsche Soldaten sterben nämlich bei Unfällen; allein sieben davon, als die Geschütz-Zugmaschine mit ihnen darauf bei Hüttau im Salzburger Pongau in den Fritzbach fällt.

Das große Sterben der Pferde

Überdies verenden in den jenen Tagen mehr als 650 Pferde der Wehrmacht, die bei Aufklärern, als Zugtiere von Kanonen, Nachschubwagen, Feldküchen und so fort eingesetzt waren.

Deutsche Gebirgsjäger in Salzburg
Deutsche Gebirgsjäger in Salzburg(c) Bundesarchiv

Um Mittag sind Voraustrupps der Panzerdivision in Linz, und wenig später in St. Pölten. Salzburg und Innsbruck sind da schon besetzt. Da Hitler derweil schon per Auto nach Linz fährt, stoppt Guderian den Vorstoß im Donautal. Die Soldaten tanken, rasten, rauchen, essen und werden von der neugierigen Bevölkerung umlagert. Dass Guderian im Vorfeld Anweisung gegeben hatte, die Fahrzeuge nach Möglichkeit mit Fahnen und frischem Grün zu schmücken, trägt ganz erheblich zu den Jubelszenen dieser Stunden bei.

Schneesturm und nächtliche Blasmusik

Erst gegen Mitternacht rollen Spitzen der Panzerdivision von St.Pölten weiter. „Bei heftigem Schneesturm erreichte ich am 13. März gegen ein Uhr Wien", schreibt Guderian in seinen Memoiren, und schon um drei Uhr früh findet vor der Oper eine deutsch-österreichische Parade statt – natürlich samt Blasmusik.

Innsbruck, Maria-Theresien-Straße
Innsbruck, Maria-Theresien-Straße(c) Bundesarchiv

Ansonsten bleibt das Bundesheer weitgehend in den Kasernen und verbrüdert sich mit den Ankömmlingen. Teile des Sperrplans waren zwar kurz zuvor aktiviert worden, zudem hatten untere Kommanden ohne Befehle des Heereskommandos Einheiten Richtung Westen zum Hauptaufmarschraum in Oberösterreich in Marsch gesetzt und Reservisten mobilisiert. Das alles wurde vor dem Einmarsch der Wehrmacht aber wieder zurückbeordert. Und ja: Es gab sehr wohl einen Kriegsplan gegen Deutschland, siehe hier.

Die Sperre am Fernpass

Nur an einem einzigen Ort in Österreich gibt es Widerstand: Und der liegt ebenfalls weit im Westen. Eine gut bewaffnete Sperrkompanie des 3. Bataillons des Infanterieregiments 4 (das war das Wiener (!) Infanterieregiment Hoch- und Deutschmeister Nr. 4, Teile davon waren also tatsächlich ausgerückt und standen noch im Westen) unter einem gewissen Hauptmann Edwin Liwa fährt vom Inntal hinauf auf den Fernpass nördlich von Imst, über den eine Straße von Bayern bzw. dem Außerfern her führt. Da zwischenzeitlich der Kontakt zum Militärkommando Tirol und anderen Einheiten abreißt, bleibt die kleine Truppe am Berg.

Hauptmann Edwi Liwa
Hauptmann Edwi Liwa(c) Familie Liwa/Picasa/https://www.jgbnoe.at/

Dann tauchen plötzlich deutsche Polizeiautos von Norden her auf. Und Liwa verwehrt ihnen die Durchfahrt. Die Polizisten drehen völlig überrascht um. Die konsternierten Deutschen lassen daraufhin auch Gebirgsjäger, die der Polizei folgen sollen, nicht zum Angriff antreten, und warten ab.

Am 13. März befiehlt Liwa den Rückzug hinunter nach Imst, er merkt, dass sich etwas viel zu Großes zusammenbraut, zudem war ein Rückzugsbefehl durchgekommen.

In Imst angekommen erschrickt er: „Wir waren als gute Österreicher auf den Fernpass befohlen worden, die Heimat zu verteidigen. Wir wurden als vermeintlich deutsche Truppen mit ,Heil'-Rufen empfangen. Die Soldaten und ich waren vor den Kopf gestoßen."

Und in einem anderen Land waren sie jetzt auch.

Einmarsch deutscher Polizei in Imst nach der Überquerung des Fernpasses
Einmarsch deutscher Polizei in Imst nach der Überquerung des FernpassesUS National Archives

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PS: Liwa, der 1900 in Mährisch Weißkirchen (Hranice na Moravě) nahe Olmütz im heutigen Tschechien geboren worden war, wurde tags darauf vom Dienst suspendiert und angezeigt - wegen "Schädigungsabsicht gegenüber dem Nationalsozialismus, Verächtlichmachung Deutschlands; war im Schuschnigg-Kurs für vaterländische Vorträge, aber kein Verfolger des Deutschtums. Menschlich einwandfrei."

Der allzeit Gehorsame machte trotzdem eine gewisse, wenn auch mittelmäßige Karriere in der Wehrmacht, er brachte es immerhin zum Oberst, wurde aber mindestens einmal wegen "Österreichgesinnung" gemaßregelt. Er geriet in US-Kriegsgefangenschaft.

Sein deutscher Oberstenrang indes verwehrte ihm nach Kriegsende aus rechtlichen Gründen die Übernahme in die B-Gendarmerie und das neue Bundesheer, er musste forthin als Zivilbeamter im Finanz-, später im Verteidigungsministerium arbeiten. Sein Sohn Udo Liwa war im Bundesheer der 2. Republik lange Zeit Kommandant der Garde in der Maria-Theresien-Kaserne in Wien. 

PPS: General Fedor von Bock, als Chef der 8. Armee "Exekutor" des Einmarschs und ab 1940 Generalfeldmarschall, befehligte 1939 eine Heeresgruppe aus zwei Armeen im Polenfeldzug und im Westfeldzug 1940 eine Heeresgruppe, die im Nordabschnitt durch Holland und Belgien vorstieß. Von Bock mochte als Monarchist die Nazis nicht, lehnte sich aber auch nur mäßig auf, obwohl ihn das Vorgehen gegen die Bevölkerung besonders in den besetzten Gebieten im Osten anwiderte.

1941 kommandierte er die Heeresgruppe Mitte beim Angriff auf die UdSSR, sie sollte Moskau einnehmen, blieb aber kurz vor der Stadt liegen und musste sich im Dezember gegen eine Gegenoffensive mit frischen sibirischen Truppen stemmen, Von Bock wurde nach einem Disput mit Hitler abgelöst. Er übernahm zwar bald die Heeresgruppe Süd, als deren Chef nach einem Schlaganfall gestorben war, aber wurde von Hitler im Juli 1942 nach einem neuerlichen Streit in die Reserve versetzt.

Von Bock lebte in Bayern und kam nach Hitlers Selbstmord am 30. April 1945 aus der Versenkung: Da stellte er Kontakt zu Großadmiral Karl Dönitz her, der durch Verfügung Hitlers zum Reichspräsidenten bestimmt worden war. Von Bock fuhr mit seiner Frau, seiner Stieftochter und einem Fahrer nach Norddeutschland, wo das Auto am 3. Mai von einem britischen Jagdbomber beschossen wurde. Alle erwähnten Insassen starben.

Fedor von Bock war somit der einzige deutsche Feldmarschall im Zweiten Weltkrieg, der durch eine Kampfhandlung starb.    

>>> Die Szenen damals in Wien sind zur Genüge bekannt:

>>> Hier ein Film mit mehr Eindrücken aus ganz Österreich:

>>> Wenige Wochen später sah es etwa im schönen Dornbirn in Vorarlberg, von wo aus man immerhin noch mit etwas Glück in die Schweiz fliehen konnte, dann schon so aus:

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