Bawag: SPÖ unter Beschuss

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Die ÖVP vermutet Parteien-Finanzierung, auch nach 1989 sei noch Geld an die SPÖ geflossen. Weiter Verwirrung um Flöttl-Brief. Ex-Bawag-Chef dementiert, das brisante Schriftstück mit Details zur Parteienfinanzierung im Keller deponiert zu haben.


Wien. Während die Koalition zumindest nach außen hin um Bekenntnisse zu einem neuen Miteinander bemüht ist, hat die ÖVP nun neue Munition in der Auseinandersetzung mit dem Regierungspartner erhalten: Die in der „Presse“ vom Mittwoch abgedruckten Briefe des ehemaligen Bawag-Generaldirektors Walter Flöttl sind Wasser auf die Mühlen derjenigen, die die Konfrontation mit der SPÖ suchen.


Flöttl hatte im Jahr 1989 in Briefen an ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch – offensichtlich um weitere Begehrlichkeiten abzuwehren – aufgelistet, welche Leistungen die Bawag seit Anfang der 70er-Jahre für Gewerkschaft, Partei und Konsum-Genossenschaft erbracht hatte: Insgesamt 1,312 Milliarden Schilling (95 Millionen Euro) seien den drei Organisationen zugeflossen, indem Firmen und Immobilien zu weit überhöhten Preisen aufgekauft wurden. Dazu kommen noch Zinsvorteile für den Eigentümer ÖGB. Die SPÖ habe demnach 310 Millionen Schilling (22,5 Millionen Euro) bekommen.

SPÖ-Sanierung über Bawag?


ÖVP-Abgeordneter Helmut Kukacka war der Erste, der den Ball aufgriff: „Niemand glaubt daran, dass ab dem Jahr 1989 mit der Parteienfinanzierung Schluss war.“ Jetzt gehe es darum, die Geldflüsse aufzuklären. Kukacka stellt auch die Vermutung in den Raum, dass die Sanierung der SPÖ nach dem Jahr 2000 (die Sozialdemokraten hatten damals 25 Millionen Euro Schulden) über die Bawag gelaufen sein könnte. Und die ÖVP versucht, prominente aktive SPÖ-Politiker mit der Parteifinanzierung der 70er- und 80er-Jahre in Zusammenhang zu bringen. Klubchef Josef Cap sei immerhin 1989 Zentralsekretär der SPÖ gewesen, Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter habe die SPÖ seit 1980 beraten.


Matznetter dementierte umgehend: Er sei erst seit 2000 für die Parteifinanzen verantwortlich, davor habe es lediglich Beratungen in steuerpolitischen Fragen gegeben. Cap sagt, er sei nicht für die finanziellen Angelegenheiten der Partei zuständig gewesen.
Sehr wohl mitten im Geschehen war damals der heutige Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel, der im Jahr 1989 ÖGB-Finanzreferent und Bawag-Aufsichtsratspräsident war. Tumpel war am Mittwoch für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Freilich hat der Kistenfund auch Auswirkungen auf den laufenden Bawag-Prozess. Da die Entwicklung innerhalb der Bank auch für die aktuelle Untreue-Anklage – diese umfasst vor allem die zweite Welle der Karibik-Geschäfte (1995 bis 2000) – relevant ist, könnte Walter Flöttl als Zeuge geladen werden. Das Gericht will daher den Gesundheitszustand 84-Jährigen in Erfahrung bringen. Auf die „Presse“-Frage, ob er sich vorstellen könne, als Zeuge auszusagen, meinte Walter Flöttl am Mittwoch: „Wenn es sein muss.“ Er fügte an: „Ich bin nicht gesund, ich habe drei Herzinfarkte hinter mir.“


Es ist auch davon auszugehen, dass Unterlagen aus den Kisten innerhalb der Bawag-Verhandlung verlesen werden, was wiederum politisch heikel werden wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2008)


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