Postgraduate im Ausland: Schottland, Singapur, Shanghai?

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Was zwei Studierende berichten, die es nach China und Schottland gezogen hat.

Am Anfang bestand die größte Herausforderung darin, sich ohne Sprachkenntnisse verständigen zu müssen. Selbst die scheinbar einfachsten Handlungen geraten da zu kaum lösbaren Aufgaben. „Fast alles ist in Chinesisch angeschrieben und nur die wenigsten Einheimischen sprechen Englisch. So ist es schon schwierig, bloß dem Taxifahrer eine Adresse mitzuteilen“, erzählt Olivia Helvadjian aus Wien, die derzeit in Shanghai einen LL.M. (Master of Laws) mit Schwerpunkt International Business Law absolviert. Nach einigen Intensiv-Stunden in Mandarin lief es bald besser und sie lernte schnell die nötigen Alltagstricks. Seit letzten Oktober besucht Helvadjian in der chinesischen Millionenmetropole das einjährige Masterprogramm, das gemeinsam von der National University of Singapore (NUS) und der East China University of Political Sciences and Law angeboten wird.

Aufregendes China

Nach den einführenden Kursen, die schon im Sommer in Singapur stattgefunden haben, werden Helvadjian und ihre Kollegen aus der ganzen Welt noch bis Ende Mai in Shanghai unterrichtet, teils von chinesischen Professoren, teils von Kollegen der NUS. Nach China wollte Helvadjian, weil sie etwas gänzlich Neues kennenlernen wollte, ein neues Land, eine neue Sprache und einen für sie unbekannten Kulturkreis. All das sollte in einem interessanten und für die berufliche Zukunft förderlichen Umfeld stattfinden. Nach längerer Recherche im Internet entschied sie sich für dieses Programm, das gegenüber anderen LL.Ms aus dem englischsprachigen Raum vergleichsweise günstig war. Das Studium finanziert sie aus eigenen Ersparnissen sowie mit etwas Unterstützung ihrer Familie. Gleichzeitig ermöglicht ihr ihre Wahl aber ein Diplom an einer der renommiertesten Unis Südostasiens und ein Studium in zwei der wichtigsten Wirtschaftszentren der Region. „Zum jetzigen Zeitpunkt der kommenden Olympischen Spiele, der Weltausstellung und des andauernden wirtschaftlichen Booms gehört China sicher zu den aufregendsten Plätzen der Welt. Speziell für Juristen besteht hier ein sehr interessantes Terrain. Viele neue Gesetze sind in Vorbereitung und die Beitritte Chinas zu internationalen Abkommen müssen national umgesetzt werden“, sagt Helvadjian. Dass sie von ihrem Masterstudium profitiert, steht für sie außer Frage. Durch ihren Aufenthalt hat sich ihr schon jetzt nicht nur eine neue Sprache und ein ganzer Kulturkreis erschlossen, sondern ein wertvolles Netzwerk an Kontakten in ganz Asien.

Aufgeklärtes Schottland

In eine ganz andere Gegend, nach Schottland, hat es Alice Pinheiro Walla durch ihre Beschäftigung mit dem Philosophen Immanuel Kant gezogen. Seit Oktober arbeitet sie an der St. Andrews University an ihrer Doktorarbeit zur Kantischen Ethik. Pinheiro Walla, die an der Universität Wien Philosophie studierte, möchte auf alle Fälle im akademischen Bereich bleiben. Eine Weiterbildung in Wien wäre aber für ihren Forschungszweig nicht ideal gewesen. In St. Andrews arbeitet sie nun mit einem renommierten Kant-Experten. „Arbeiten, arbeiten, arbeiten, auch am Wochenende. Daneben Seminare besuchen, unterrichten, Vorträge hören und Vorträge halten“, beschreibt sie ihren arbeitsintensiven Alltag an der renommierten Universität.

In Schottland arbeite sie sehr gezielt an ihrer akademischen Karriere, „um zu forschen, publizieren und zu unterrichten. Diese Konzentration hat mir in Wien gefehlt“, so Pinheiro Walla, die bis 2010 in Schottland bleiben wird. Ihre momentane Hauptsorge betrifft die Finanzierung ihres Studiums. Für das erste Jahr erhielt sie ein Stipendium des Bundesministeriums, das rund zwei Drittel ihrer Gesamtkosten abdeckt, danach kann sie für ein weiteres Jahr ansuchen. Für später muss sie eine andere Lösung finden, damit sie sich die oft zitierte „unbezahlbare“ Auslandserfahrung auch tatsächlich leisten kann.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2008)

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