Ordnung in das E-Mail-Chaos

Bei der Einhaltung von Compliance-Richtlinien, die die lückenlose Nachvollziehbarkeit der gesamten Geschäftstätigkeit fordern, stellen E-Mails eine besondere Herausforderung dar.

Während bei Geschäftsbriefen, Rechnungen und anderen Papierdokumenten in praktisch jedem Unternehmen klare Richtlinien für Ablage und Archivierung existieren, herrscht beim Umgang mit E-Mails noch immer das Chaos. Da wird nach Herzenslust weitergeleitet, verschoben und gelöscht, und ehe man sich's versieht, sind wichtige Dokumente im digitalen Nirwana verschwunden. Das Schlimme daran: Wenn sich ein Geschäftsablauf nicht mehr, wie es das Gesetz vorschreibt, detailliert nachvollziehen lässt, drohen empfindliche Strafen.

Hohe Strafen

„Nach dem Unternehmensstrafrecht kann die Strafe bis zu 180 Tagessätze oder, je nach Größe des Unternehmens, bis zu 1,8 Millionen Euro ausmachen“, warnt Hartmut R. Gailer, Geschäftsführer von SER Solutions, vor allzu sorglosem Umgang mit der elektronischen Post. So müssen alle finanzrelevanten Dokumente in Österreich mindestens sieben Jahre lang aufbewahrt werden, und Mails, die sich auf Personalfragen beziehen, dürfen überhaupt nicht gelöscht werden. Dazu zählen Ermahnungen, Dienstanweisungen, aber auch Krankmeldungen oder Urlaubsanträge – also alles, was arbeitsrechtlich von Bedeutung sein könnte.

Die Schlamperei im Umgang mit den elektronischen Briefstücken ist allerdings verständlich, wenn man die Flut von E-Mails betrachtet, die täglich über den User hereinbricht. Eine Studie der Radicati Group ergab, dass ein durchschnittlicher Arbeitnehmer pro Jahr etwa 850 Megabyte an E-Mails empfängt und verschickt – Tendenz steigend. Wenn das Postfach aus allen Nähten platzt, greifen viele zur Selbsthilfe und löschen Mails, von denen sie glauben, dass sie nicht mehr benötigt werden. Versierte Mitarbeiter lagern ihre Mails in PST-Dateien aus, die später zur Rekonstruktion des digitalen Schriftwechsels herangezogen werden könnten – vorausgesetzt, man findet die Dateien wieder.

„Sammler, die jede Nachricht aufheben, bereiten den IT-Verantwortlichen, die um die Einhaltung der Compliance-Bestimmungen bemüht sind, ebenso großes Kopfzerbrechen, wie Ordnungsfanatiker, die jedes gelesene Mail sofort löschen“, berichtet Karl-Heinz Mosbach, Geschäftsführer von ELO Digital Office, die ELOXC, ein serverbasierendes Mail-Archivierungssystem, entwickelt haben. Dementsprechend groß ist die Nachfrage nach intelligenten Lösungen zur E-Mail-Verwaltung; so entwickelte etwa HP gemeinsam mit der Heilig und Schubert Software AG die Integrated Archive Platform IAP, die laut HP sowohl für Großunternehmen als auch für Firmen ab etwa 100 Mitarbeitern geeignet ist. „Wir sprechen bei dem Prozess des Suchens, Bereitstellens und Aufrufens von Geschäftsdokumenten von E-Discovery“, benennt HP-Manager Patrik Edlund das boomende Geschäftsfeld.

Manipulation verhindern

Um den Compliance-Anforderungen zu entsprechen, müssen E-Mails aber nicht nur jederzeit wieder auffindbar sein, es muss auch gewährleistet sein, dass sie nicht nachträglich verändert wurden, betont SER-Chef Gailer. „Aus diesem Grund werden die E-Mails in unserem DOXiS eMail Center bereits archiviert, noch ehe sie ihre Empfänger erreichen.“ Last, but not least, darf auch der Datenschutz nicht zu kurz kommen: Sämtliche E-Mail-Archivierungssysteme sind daher mit streng hierarchischen Zugriffsrechten versehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2008)

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