Suchen als Waffe im Web-Browser

Viktor Krammer schreibt als Doktorarbeit an der TU Wien das Software-Tool Quero, das als Suchleiste in Microsofts Browser Internet Explorer eingehängt wird. Es reduziert unter anderem die Werbeflut aus dem Internet.

Seit 14. März ist Viktor Krammer "international": Nach einer Flut deutscher und englischer Beschreibungen, Würdigungen und auch Auszeichnungen erschien an diesem Tag der erste russische Artikel über sein Softwarewerkzeug Quero. Mit Kyrillisch-Kenntnissen nachzulesen unter http://news.ferra.ru.
Der Sprung über die Sprachbarriere folgt dem Qualitätssprung in der Akzeptanz, der dem heute 29-jährigen Wiener Diplomingenieur Viktor Krammer schon im Sommer 2006 beschieden war. Damals lobte die deutsche Fachzeitschrift "PC Welt" sein Produkt über den grünen Klee: "Die Freeware Quero Toolbar 3.0.1.0 bietet überzeugende Funktionen, um Pop-ups, Werbebanner und Intellitext-Markierungen zu blocken", schrieb Cornelius M. Pirch.

Add-on oder mehr?

Inhaltlich gilt das bis zur gerade neuesten Version 4.1. "Toolbar" nennt sich Quero, weil es als Add-on von Microsofts Browser Internet Explorer funktioniert, gleichsam eingehängt in das unverzichtbare Werkzeug aller Surfer. Aber es ist viel mehr als eine Werkzeugleiste, mit vielen neuen Funktionen.

Befunde

"Eigentlich bin ich ein Hacker", bekennt Krammer mit einem Lächeln. Werbeblocker seien im Internet Explorer nicht vorgesehen, "da braucht man kreative Ideen, um mit einer Toolbar die Schnittstelle zu nutzen". Quero kann die Adressleiste im Browser nicht nur ersetzen, sondern auch ausschalten. Gleichzeitig dient es zur Web-Suche, wobei mehrere Suchmaschinen, aber auch andere Webseiten wie etwa die Zugauskunft der ÖBB direkt abgefragt werden können. Es genügt, in der Suchleiste "Wien–Linz" einzugeben, und schon startet die ÖBB-Maske. Hat er vorher Profile voreingestellt, kann der Anwender zwischen mehreren Länderversionen hin- und herschalten – für fremdsprachige Suchmaschinen. Quero unterstützt nicht nur Domain-Namen mit Umlauten, es weist mit Hervorhebungen auch auf fremde Zeichensätze hin, etwa auf das kyrillische A, das bei gefälschten Pay­pal-Seiten immer wieder auftaucht. Das Hervorheben ("Highlighting") soll auch erkennen helfen, wenn ein Nutzer von der Webseite seiner Bank auf eine Phishing-Site entführt wurde. Dann steht zwar irgendwo in der Internetadresse "...bank.at", doch leuchtend gelb hervorgehoben ist die tatsächliche, die gefährliche Domain mit einer einschlägigen Endung wie ".cn" (für China) oder auch ".ru" (für Russland).
"Mit seinen Funktionen überzeugt Quero Toolbar voll und ganz“, schrieb die „PC Welt" vor eineinhalb Jahren. "Google- und Yahoo-Toolbar sind ebenfalls Freeware, bieten jedoch nicht so viele Optionen zum Blockieren von Werbung." Pirch hatte zwei Kritikpunkte: "Es gibt keine Dokumentation, und für Anfänger kann die Konfiguration der Whitelist und der Sicherheitseinstellungen recht knifflig werden."

Mehrere Parameter

Inzwischen hat sich auch das geändert. In etwas mehr als drei Jahren, vier Hauptversionen und rund einem Dutzend kleinerer Releases hat sich die "alternative Navigationsleiste", wie Krammer sein Produkt nennt, zu einem ­bescheiden aussehenden, aber in den Funktionen mächtigen Werkzeug gemausert. Besonders stolz ist Krammer auf die Tatsache, dass er das erste Softwarewerkzeug geschrieben hat, das gleichzeitig mehrere Suchfelder bedienen kann, mit einem Fachausdruck "multiparameterfähig" ist: In den Optionen wählt man eine Suchmaschine, ein Land und den Befehl – gleichzeitig, alles im Suchprofil-Editor (siehe oben).
In vielen Details nähert sich das kleine Add-on schon der Funktionalität des "großen" Browsers. "Ein eigener Browser wird es wohl nie, das wäre zu viel Aufwand", gibt sich Krammer bescheiden, und das hat mit seinem Zeitmanagement zu tun.

Forschungsprojekt

Quero ist ein Forschungsprojekt, das Krammer als Dissertation an der Technischen Universität Wien durchführt. Deshalb steht auch nicht zur Diskussion, aus der Freeware ein kommerzielles Produkt zu machen. Ihm geht es – neben der Befriedigung, als Hacker Funktionen zu entwickeln, die der Gigant Microsoft nicht vorgesehen hat – "um die Schaffung von Bewusstsein, dass der Nutzer nicht hilflos der Werbeflut im Internet ausgesetzt ist". Er sieht den Werbestopper in Quero "gleichsam als Lautlostaste beim ­Fernseher: Dort kann man bei Werbung weg­hören und schauen." Das sei auch im ­Internet fällig.
Die Tatsache, dass Quero eine Doktorarbeit werden soll – "Zwei Papers habe ich schon publiziert" –, hinderte Krammer daran, Förderungen für die Entwicklung zu beantragen. "Und natürlich wollte ich unabhängig bleiben – wer weiß, wer versuchen würde, Druck auszuüben, beispielsweise Werbung nicht zu blockieren."

(Die Presse, 23.04.2008)

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