Alle gegen die einen: Neues Feindbild Neos

NEOS EU-WAHLKAMPFAUFTAKT: MLINAR
NEOS EU-WAHLKAMPFAUFTAKT: MLINARAPA/HERBERT NEUBAUER
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Lang hat die ÖVP sie ignoriert, jetzt geht sie umso nachdrücklicher gegen die Neos vor. Auch die SPÖ hat einen neuen »neoliberalen« Gegner ausgemacht. Die Grünen geben die Zurückhaltung im Wahlkampf ebenso auf.

Am 1. Mai beim Maibaumfest in Wien Liesing: Auch etliche Neos-Funktionäre, die hier am Stadtrand von Wien wohnen, sind gekommen, ihre Kinder tragen rosarote Neos-Luftballons mit sich. Aber nicht lange. Die Kinder werden aufgefordert, wieder zu gehen. Veranstalter des Events ist ein ÖVP-naher Kulturverein.

Am 2. Mai in der Wiener Neustiftgasse, dem Sitz des Neos-Hauptquartiers: Die Straße ist mit pinkfarbenen Luftballons geschmückt. Allerdings stammen diese nicht von den Neos, sondern von der ÖVP. Auf ihnen prangt der Slogan: „Das Programm der Neos zur Europawahl: Nur heiße Luft!“ Später am Abend kommen sie dann auch beim Neos-Wahlkampfauftakt zum Einsatz.

Im Nationalratswahlkampf war die Devise der ÖVP noch: Nicht einmal ignorieren. Streitgespräche mit Neos-Vertretern wurden verweigert. Nun, nach dem Einzug der Neos in den Nationalrat, einem ersten Achtungserfolg in Salzburg und ausgezeichneten Umfragewerten für die EU-Wahl, sieht die Sache schon ein wenig anders aus.

Die Taktik der ÖVP läuft nun darauf hinaus, die Neos als Partei ohne Werte (in erster Linie gemeint: die christlichen) hinzustellen. Die Pastafari-Religionssatire des Neos-Abgeordneten Niko Alm nimmt die ÖVP bereitwillig für bare Münze, um damit politisches Kleingeld zu wechseln.


Pastafaris. Allerdings haben es ihr die Religionskritiker auch leicht gemacht, indem sie nun die staatliche Anerkennung des Pastafarismus forderten. Eine ironische Aktion freilich, aber eine, die der ÖVP Gelegenheit bot, sie mit Ernsthaftigkeit aufzuladen und sich selbst als Hüterin der „wirklichen“ Religion(en) darzustellen.

Aber auch die SPÖ hat nun – insbesondere mit Blick auf die Wiener Gemeinderatswahl – spät, aber doch ein neues „neoliberales“ Feindbild entdeckt. „Das sind ja alles nette Menschen“, sagt Evelyn Regner, die Nummer zwei auf der SPÖ-EU-Liste, über die Neos, „aber wenn man mit denen diskutiert, kommt man drauf, dass die ÖVP dagegen ja noch harmlos ist.“ Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) schloss vor einer Woche eine Koalition mit den Neos dezidiert aus: „Mit Privatisierern mache ich keine Koalition.“ Viele fänden die Neos zwar „chic und neu“, aber sie würden eben auch Gemeindebauten und Müllabfuhr privatisieren wollen.

Auch Eva Glawischnig hat ihre bisherigen Neos-Umarmungsversuche in der heißen Wahlkampfphase aufgegeben. Österreichweit werden nun Folder „Neos oder Grüne? 10 Unterschiede“ als „Entscheidungshilfe“ verteilt. Die Grünen geben sich betont jugendlich: das Konterfei von Jungmandatar Julian Schmid prangt daher auf dem Folder.

Grüne Luftballons mit Anti-Neos-Motiven gibt es aber noch nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2014)

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