Kirchenlieder im Klassenzimmer: Beamter büßt

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Ein Schuljurist hatte konfessionsfreie Eltern wegen Erstkommunionsliedern im normalen Unterricht unterstützt. Das dürfte ihn seinen Job kosten.

Seine Unterstützung für das Anliegen eines Vaters, einer ganzen Volksschulklasse das Üben von Erstkommunionsliedern im normalen Unterricht zu untersagen, dürfte den Leiter der Rechtsabteilung des niederösterreichischen Landesschulrates seinen Job kosten. Die Initiative "Religion ist Privatsache" hat am Donnerstag die bevorstehende "Degradierung und Zwangsversetzung" des Mannes kritisiert.

Entgegen der Rechtsmeinung von Erwin Pröll

Auslöser der Causa war, dass ein Teil der Erstkommunionsvorbereitung - das Singen von Kirchenliedern - im Musikunterricht stattfand. Eltern einer konfessionslosen Tochter hatten sich dagegen gewehrt. Laut der Aussendung der Initiative werde die Rechtsmeinung des niederösterreichischen Juristen durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR), wonach die Vorbereitung der katholischen Schüler auf die Erstkommunion ausschließlich im Rahmen des Religionsunterricht zu erfolgen hat, untermauert. Auch ein Gutachten seitens des Bildungsministeriums vertrete diese Sichtweise. Dennoch: Der Jurist hatte die Eltern entgegen der Rechtsmeinung von Landesschulratspräsident Hermann Helm und Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) unterstützt.

In einem Appell an die zuständige Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) forderte die Initiative, eine "unverzügliche klare Stellung gegen die systematische Verletzung von Eltern- und Schülerrechten" zu beziehen. Zudem wurde darauf verwiesen, dass die Volksschule seit Bekanntwerden auf die am Montag beim niederösterreichischen Landesverwaltungsgericht eingebrachte Maßnahmenbeschwerde mit einer "erheblichen Verschärfung der Diskriminierung" reagiert habe. Die Erstkommunionsvorbereitung erfolge nun täglich im Gesamtunterricht.

Laut "Standard" befürworteten Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) und Landesschulratspräsident Hermann Helm hingegen das Einstudieren der Lieder. Helm berief sich dabei auf Paragraf 2 des Schulorganisationsgesetzes, in dem es heißt, dass neben sittlichen und sozialen auch religiöse Werte im Gesamtunterricht zu vermitteln seien. Der Leiter der Rechtsabteilung des Landesschulrates soll nach Angaben der Tageszeitung in die Bauabteilung des Landes versetzt werden.

Hoher NÖ Beamter wurde nicht "suspendiert"

Der Beamter sei weder suspendiert noch in den Zwangsurlaub geschickt worden, sagte allerdings Landesschulratspräsident Hermann Helm. "Davon ist überhaupt keine Rede." In einem Gespräch morgen, Freitag, soll über dessen Zukunft entschieden werden.

"Es stellt sich die Frage, ob er in dieser Position bleiben kann. Ich glaube nicht. Er hat zu einer großen Verunsicherung bei der Mehrheit der Eltern beigetragen", so Helm. Das Singen von Liedern zur Vorbereitung auf die Erstkommunion im Musikunterricht sei unter Berufung auf Paragraf 2 des Schulorganisationsgesetzes zulässig und mit dem Lehrplan konform. "Das heißt natürlich nicht, dass man religiöse Inhalte vermittelt. Es geht auch nicht um eine Generalprobe für die Erstkommunion, denn diese ist der Religionsgemeinschaft vorbehalten", betonte der Landesschulratspräsident.

Juristische Klarheit soll nun das Niederösterreichische Landesverwaltungsgericht bringen, nachdem die Eltern einer konfessionslosen Tochter Beschwerde eingebracht hatten. "Ich sehe der Erklärung des Gerichts gelassen entgegen", so Helm.

(APA)

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