Japan baut im Burgenland

Gästehaus, Kunstwerk, Museum: Terunobu Fujimoris Storchenhaus ist Teil eines ausgezeichneten Projekts in Raiding. Weitere Objekte von japanischen Architekten folgen.

Bemerkenswerte zeitgenössische Architektur braucht keine großen Gesten, kein urbanes Umfeld und keine explizit moderne Optik: Die Nutzfläche des Storchenhauses beträgt nur um die 30 Quadratmeter, seine archaische Optik lässt es regional und zugleich exotisch erscheinen. Und wie aus der Zeit gefallen. Vor allem sind es aber Idee und Aura, die diese Architektur von Terunobu Fujimori auszeichnen, am Donnerstag erhielt die Raiding-Foundation, die diesen Bau initiiert hatte, einen „Österreichischen Innovationspreis Tourismus“.
Hinter dieser Foundation steht der Autor, Fotograf und Bauherr Roland Hagenberg, der seit vielen Jahren zwischen Tokio und Österreich pendelt und sich zuletzt im mittlelburgenländischen Raiding niedergelassen hat. Durch seine publizistische und künstlerische Tätigkeit ist Hagenberg mit den wichtigsten japanischen Architekten in Kontakt. Nun bauen sie in Raiding, einer nach dem anderen: Fujimori, der Architekturtheoretiker, der für seine poetischen und ökologischen Miniaturhäuser regelrecht verehrt wird, demnächst Hiroshi Hara, dessen technoide Architektur die Städte Japans prägt, später Toyo Ito und Kengo Kuma. Sie alle werden eine ähnliche Bauaufgabe wie Fujimori vorfinden, den quadratischen Grundriss von fünf mal fünf Metern, aber zu ganz unterschiedlichen Lösungen kommen. „Das Maß hat sich aus einer witzigen Situation ergeben“, erzählt Hagenberg. „Wir haben – jeder für sich – versucht, auf einer Wiese einen idealen Grundriss für ein kleines Haus hinzulegen. Unabhängig voneinander sind wir auf die gleichen Quadrate gekommen.

Es muss so etwas wie ein genetisches oder kulturell geprägtes Maß fürs Wohnen geben“, meint er. Zwei Personen oder eine Familie fühlen sich gerade wohl in dem Objekt, auf dessen unterer Ebene sich eine Wohnküche und Bad/WC befinden und die Betten auf einer Galerie stehen. „Ich möchte gern die Balance zwischen Gästehaus, bewohnbarem Kunstobjekt und Museum halten“, meint Hagenberg über das Projekt, das nun an verschiedenen Plätzen in Raiding Formen annimmt – ein weiterer Impuls neben dem Liszt-Zentrum und -Festival und in enger Zusammenarbeit mit der Gemeinde, die den nächsten Bauplatz zur Verfügung stellt: Am Ortsrand wird ein Haus von Hiroshi Hara „in ein Feld eingebettet“. Es steht, erklärt Hagenberg, im Gegensatz zu dem introvertierten Bau von Fujimori, denn es ist durchlässig zur Umgebung; für japanische Wohnhäuser ist diese räumliche Übergangssituation typisch. „Es gibt eine große Glasfläche und von jedem Punkt im Haus aus wird man nach draußen sehen.“

Storch, Zacken und Zeppelin


Drinnen sind die Bereiche zum Teil angelegt wie Kabinen in der ersten Klasse im Flugzeug. Ursprünglich war an Lichtbeton als Baustoff gedacht, nun entschied man sich, das Haus in Holzschichtplatten vorzufertigen und vor Ort zusammenzusetzen – verbunden mit einer Inszenierung: Die Bauteile sollen mit einem Zeppelin vom Fertigungsschuppen zum Bauplatz geflogen werden. Noch vor dem Haus wird heuer Haras Raststation, ein dreizackiger hoher Unterstand namens „3 Wanderer“ fertig werden. Realisiert werden die japanischen Architektenentwürfe von heimischen Experten wie Richard Woschitz (Bauumsetzung), Dominik Petz (Inneneinrichtung des Storchenhauses) und regionalen Handwerkern. Über den Verein der Raiding-Foundation kann man sich in dem Storchenhaus – und im nächsten Jahr in Hiroshi Haras Objekt – einmieten. Einer wohnt schon da: der Storch, pünktlich angereist am 1. April.


http://raidingfoundation.org

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