Die Steuern müssen runter

Kind mit Geld
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Die Steuerbelastung hat ein derart unerträgliches Ausmaß angenommen, dass von sozialem Frieden keine Rede mehr sein kann. Es muss ein Mehrjahresplan für Steuersenkungen her. Sofort.

Der deutsche „Spiegel“, nicht unbedingt das Zentralorgan für Kapitalismus, Wirtschaftsliberalismus und Profitmaximierung, hat in seiner jüngsten Ausgabe klar und deutlich dargestellt, was Hunderttausende in Mitteleuropa bemerken, womit sie sich aber nicht einfach abfinden werden: Auch mit guter Ausbildung, Glück bei der Arbeitsplatzsuche und jahrzehntelangem harten Jobleben haben wir de facto keine Chance, Vermögen zu erwirtschaften. Abgesehen von den wenigen Ausnahmen auf jener Managementebene, auf der die Luft sehr dünn ist, und seltenen Unternehmern mit noch selteneren Geschäftsideen, können wir von Glück sprechen, wenn wir den Wohlstand unserer Eltern einigermaßen halten können. Mit eigenen Kindern fällt dies – trotz staatlicher Unterstützung – schon ziemlich schwer.

Daran ist ausnahmsweise nicht Griechenland, nicht eine Leider-nicht-Pleitebank, nicht der Klimawandel oder Wladimir Putin schuld, sondern unsere Regierung beziehungsweise die deutsche, die holländische, die schwedische, die jeweils zuständige. Und natürlich tragen auch die vergangenen Regierungen ihren Anteil an dieser Entwicklung, die seit Jahrzehnten – mit wenigen Reförmchenausnahmen – immer weitergeht: Die Steuerlast steigt und steigt. Werner Faymann hat nämlich völlig recht, wenn er sagt, dass es kein Sparpaket war, das zum Stopfen des traditionellen Budgetlochs verwendet wurde: Es beinhaltete gerade einmal Kürzungen von 500 Millionen Euro. Nur zum Vergleich: Insgesamt nimmt der Staat von seinen Eigentümern, den Bürgern, Jahr für Jahr rund 90 Milliarden Euro ein. Für alle Fälle wurde diese 0,5-prozentige(!) Kürzung mit weiteren 1,1Milliarden Euro an Abgabenerhöhung gegenfinanziert. Noch ein paar Runden kalte Progression, natürlich ohne Abgeltung, und wir sind endlich dreistellig! Österreichs SPÖ-geführte Regierung hat ihr eigentliches heimliches Ziel aber bereits erreicht: Wir haben laut Berechnungen der Denkfabrik Agenda Austria den alten Sozialnetzkonkurrenten Schweden bei der Steuerquote endlich eingeholt. Bruno Kreisky und Europa sind stolz auf uns.

Gerechterweise sind es aber ausgerechnet die Sozialdemokraten (und die einflussreichen sozialdemokratischen Kolonnen in der ÖVP), die für eine rasche Steuerreform kämpfen. Von den Löhnen müsse mehr übrig bleiben, so ihre richtige Formel. Leiser, aber für viele Genossen vielleicht noch wichtiger, murmeln sie dazu ihr Zauberwort: Gegenfinanzierung. Das bedeutet nichts anderes als ein Nullsummenspiel beziehungsweise die Umverteilung von der einen in die andere Tasche: Diejenigen, die es irgendwie geschafft haben, ein Vermögen zu bilden, sollen dann dafür extra Steuern zahlen. Und wenn sie es an ihre Kinder weitergeben wollen, noch einmal. So sinkt aber nicht die Steuerquote, so wird sie nur neu verteilt.

Die ÖVP hingegen mauert und spricht von einer Steuerreform, die wir uns erst leisten müssen: Vorher müsse das Budget in den Griff bekommen werden, dann könnte man die Einnahmen senken. Hallo? Budget im Griff? Leisten können? Nach dieser Logik spricht nichts gegen eine Erhöhung der Steuerquote auf 80 Prozent, immerhin haben wir eine Staatsschuld von insgesamt 241 Milliarden Euro. Bis wir diese nicht abgezahlt haben, können wir uns also gar nichts leisten. Das wäre zumindest ausnahmsweise ehrlich.

Warum wird die Steuersenkung 2015 nicht mit Ausgabenkürzungen finanziert, die den Namen verdienen? Einigermaßen verträglich wären etwa fünf Prozent Einsparungen – zumindest gilt dies in der Betriebswirtschaftslehre als machbarer Einsparungswert für durchschnittliche Unternehmen. Geht nicht, wird man dazu in der ÖVP sagen: Der böse Koalitionspartner mache da nicht mit. Und beim eigenen Restkern wie den Bauern gehe sowieso nichts. Das ÖVP-Geiseldilemma ist aber nicht unser Problem, sondern das von Michael Spindelegger.

An dieser Stelle eine dringende Empfehlung an SPÖ und ÖVP: Um diese fünf Jahre tatsächlich politisch überleben zu können, muss in den nächsten Monaten ein verpflichtender Steuersenkungspfad wie beim Budget her, der die Steuerquote von 2015 bis 2025 in einzelnen Schritten auf 40 Prozent schraubt.

*) Österreichs Steuerquote 2014 nach Berechnung der Agenda Austria

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.05.2014)

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