Kindergeld für EU-Ausländer kostet Deutschland Milliarden

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Nach einem EuGH-Urteil ist Deutschland mit einer Antragsflut konfrontiert: Zahlreiche Saisonarbeiter nutzen ihren Anspruch auf Kindergeld.

Die Umsetzung des EU-Sozialrechts wird für Deutschland teuer, berichtet die „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" unter Berufung auf eine Anfrage der Grünen-Politikerin Franziska Brantner an das Finanzministerium. Das Ergebnis: Allein Kindergeldansprüche von Saisonarbeitern aus dem EU-Ausland für ihre in der Heimat lebenden Kinder dürften bis Jahresende zu Zusatzkosten von rund einer Milliarde Euro führen. Bis 2020 soll die Summe auf mehr als zwei Milliarden Euro steigen.

EuGH-Urteil aus dem Jahr 2012

Der EU-Gerichtshof (EuGH) entschied im Jahr 2012, dass "uneingeschränkt steuerpflichtige Saisonarbeiter" aus einem EU-Nachbarstaat in anderen Ländern Anspruch auf Kindergeld haben - auch dann, wenn der Nachwuchs in der Heimat lebt. Diese Gelegenheit haben offenbar viele genützt.

Die Leistung muss zwar mit Kindergeldbezügen in der Heimat verrechnet werden, allerdings sind die Zahlungen in Deutschland mit mindestens 184 Euro monatlich deutlich höher als in den meisten anderen Ländern (auch höher als in Österreich). In Polen, woher viele Saisonarbeiter nach Deutschland kommen, liegt der Monatssatz beispielsweise bei weniger als 20 Euro pro Kind, schreibt die "FAZ".

Kindergeld kann ab 2008 beantragt werden

Die Zeitung berichtet von einer "wahren Flut von Anträgen", die die Bundesagentur für Arbeit bearbeiten muss. Grünen-Politikerin Brantner erklärt, dass das Kindergeld "wie eine Steuererstattung, für bis zu vier zurückliegende Jahre beantragt werden kann" - das heißt, ab dem Jahr 2008.

Die Arbeitsagentur klagt über komplizierte Verfahren und eine klaffende Personallücke. Rund 30.000 Anträge liegen bereits auf Eis. Das Finanzministerium hat dem Bericht zufolge bereits 3,3 Millionen Euro für 90 zusätzliche Mitarbeiter locker gemacht. Aus Sicht der Grünen ist das nicht genug: "Die zuständigen Ministerien haben ganz offensichtlich nicht mitbekommen, dass Deutschland als EU-Mitglied nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten hat", kritisiert Brantner.

Urteil zu Hartz-IV-Zahlungen erwartet

Mit Spannung wird in Deutschland heuer ein weiteres EuGH-Urteil zu Sozialleistungen erwartet: Es soll geklärt werden, ob Deutschland auch arbeitslosen EU-Ausländern Hartz IV zahlen muss.

>>> Artikel auf "FAZ.net"

Situation in Österreich

In Österreich müssen sich – im Unterschied zu Deutschland – auch EU-Bürger bei der Fremdenpolizei melden. Konkret müssen sie zumindest ein monatliches Einkommen von 837 Euro vorweisen, um bleiben zu dürfen. Haben sie keinen Job, müssen sie über genug Finanzmittel verfügen, sonst können sie abgeschoben werden.

Auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe ist eine fremdenpolizeiliche Anmeldebescheinigung nötig. Die EU-Bürger müssen also sozialversichert sein und ausreichend Mittel vorweisen können sowie ihren Lebensmittelpunkt in Österreich haben. Familien aus Drittstaaten erhalten die Beihilfe nur, wenn sie einen Aufenthaltstitel haben und auch die Kinder in Österreich leben.

>>> mehr zur Lage in Österreich

(Red.)

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