Die Nationalratspräsidentin will die Ministeranklage nicht zu einem Minderheitenrecht machen. Die Gewaltenteilung müsse bestehen bleiben.
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) kann der Idee, die Ministeranklage zu einem Minderheitenrecht zu machen, nichts abgewinnen. „Ich sage Ihnen ganz offen, ich halte gar nichts davon", sagte sie am Dienstag im Ö1-„Morgenjournal". Sie wäre froh, „wenn wir jetzt beim Untersuchungsausschuss das Minderheitenrecht einführen", meinte sie. „Aber die Ministeranklage - da ist mir einfach die Politik zu nahe."
Da Minister nicht immun sind, funktioniere der übliche Instanzenzug - bis hin zum Verfassungsgerichtshof - ohnehin, sagte sie im ORF-Radio. „Ich denke, das ist der richtige Weg und daher bin ich gegen ein Minderheitsrecht in dieser Frage", betonte sie.
Warnung vor Vermischung der Gewalten
Prammer warnte auch vor einer Vermischung von Exekutive, Legislative und Judikatur. „Ich sehe es nicht gern, wenn wir sukzessive eine Vermischung der Gewalten zusammenbringen, wenn Gerichte nicht mehr die Gerichte sind und die Gesetzgebung nicht mehr die Gesetzgebung und die Verwaltung nicht mehr die Verwaltung."
Anstoß der Debatte über die Ministeranklage war ein Vorstoß des VfGH-Präsidenten Gerhart Holzinger. Er hatte sich in der Vorwoche dafür ausgesprochen, diese zu einem Minderheitenrecht zu machen. „Ich halte es für demokratiepolitisch weise, wenn man rechtliche und vor allem verfassungsrechtliche Regelungen so gestaltet, dass sie auch wirken. Daher kann man angesichts des toten Rechts der Ministeranklage nur sagen, man soll diese Regeln so gestalten, dass sie auch wirken", hatte er im Gespräch mit der „Presse" betont.
Seit 1920 steht die Ministeranklage in der Verfassung. Sie besagt, dass Minister nur dann wegen schuldhafter Rechtsverletzungen vor den Verfassungsgerichtshof gestellt werden können, wenn der Nationalrat sie per Mehrheitsbeschluss anklagt. Dazu ist es bisher noch nie gekommen.
>> Bericht des Ö1-„Morgenjournals"
(Red.)