EZB plant Negativzinsen für die Einlagen von Banken

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Symbol Euro Logo vor der Europaeischen Zentralbank(c) www.BilderBox.com (BilderBox.com)
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Mit einer Leitzinssenkung, „Strafzinsen“ für Geldeinlagen der Banken bei der Notenbank, Anleihenkäufen und Geldspritzen will die Euro-Notenbank gegen die größten Probleme der Eurozone ankämpfen.

Frankfurt/Wien. Ein großflächiges Absinken des Preisniveaus mit stark negativen Konsequenzen für das Wirtschaftswachstum drohe in Europa nicht, wurde von Repräsentanten der Europäischen Zentralbank (EZB) in den vergangenen Monaten mantraartig betont. Intern dürften die Zentralbanker die Lage aber offensichtlich nicht ganz so entspannt sehen. Denn voraussichtlich schon im Juli wird die Euro-Zentralbank eine ganze Batterie von schweren Geschützen gegen Deflation und Kreditklemme (die es laut offiziellen Aussagen ja auch nicht wirklich gibt) auffahren.

Den Andeutungen mehrerer hochrangiger EZB-Repräsentanten nach zu schließen ist eine finale Absenkung des EZB-Leitzinssatzes auf null Prozent bei der nächsten EZB-Ratssitzung am fünften Juni so gut wie fix. Das ist aber noch nicht alles. Geplant sind auch Negativzinsen für Banken, die ihr Geld lieber bei der EZB bunkern, statt es in die Wirtschaft zu pumpen. Darüber hinaus soll ein ganzes Bündel „komplexer Werkzeuge“ eingesetzt werden, etwa Ankäufe von Kreditverbriefungen (sogenannte ABS-Papiere) durch die EZB, weitere Anleihenkäufe und zielgerichtete Liquiditätsspritzen für die Banken. Die wären dann mit strengen Auflagen verbunden und dürften nur für Kreditgewährungen an die Wirtschaft, nicht aber für Einlagen bei der EZB oder für Staatsanleihenkäufe verwendet werden.

Die zunehmende Nervosität der Notenbanker ist an Hand der jüngsten Inflationszahlen verständlich: Zwar hat die Teuerungsrate, wie gestern bekannt wurde, in Deutschland im April leicht auf 1,3 Prozent angezogen. Die leichte Trendwende an der Preisfront hatte aber nur einen saisonalen Grund: Weil Ostern heuer in den April fiel, gab es bei Pauschalreisen und Hotelbuchungen einen überdurchschnittlichen Anstieg.

Nur noch 0,7 Prozent Inflation

Insgesamt ist der Inflationstrend in der Eurozone aber schon seit Monaten rückläufig, zuletzt lag die durchschnittliche Teuerungsrate in der Eurozone bei nur noch 0,7 Prozent. In fünf der 18 Euroländer (Griechenland, Zypern, Portugal, Spanien, Slowakei) fallen die Preise bereits, Deflation ist dort also schon Realität. Zuletzt waren die Preise auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im Jahr 2009 so langsam gewachsen.

Schuld daran ist auch die aktuelle Stärke des Euro gegenüber dem US-Dollar. Der hohe Euro-Kurs schwächt die Wirtschaft von zwei Seiten. Er verteuert die Exporte und sorgt gleichzeitig dafür, dass die Deflationsgefahr durch sinkende Importpreise steigt. Die EZB-Politik ist darauf ausgerichtet, die Inflationsrate rund um den festgelegten Richtwert von zwei Prozent zu halten.

Der Chefvolkswirt der EZB, Peter Praet, sagte gestern, die Notenbank verspreche sich vom angedachten Maßnahmenbündel auch eine Schwächung der Euro-Währung. Der starke Euro ruft nun offenbar auch die Politik auf den Plan: Der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) bei der Europawahl, Jean Claude Juncker, sagte gestern, er werde im Falle seiner Wahl zum EU-Kommissionspräsidenten vorschlagen, dass die Finanzminister der Euro-Staaten der EZB „verbindliche Richtlinien für den Wechselkurs“ vorgeben sollten, falls die Währung zu stark werde.

Die geplanten Maßnahmen der Zentralbank sind vorwiegend auf die südeuropäischen Krisenländer zugeschnitten. Das gilt besonders auch für die Maßnahmen gegen die Kreditklemme: Commerzbank-Vorstandsdirektor Markus Beumer sagte gestern, für die deutsche Konjunktur seien die Maßnahmen irrelevant, die Kreditklemme existiere dort nicht. (red./ju)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2014)

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