Verluste machen Verbund „grün“

KRAFTWER DUeRNROHR WIRD GESCHLOSSEN
KRAFTWER DUeRNROHR WIRD GESCHLOSSENAPA/HERBERT PFARRHOFER
  • Drucken

Der Verbund legt bis auf eines alle seine thermischen Kraftwerke still oder mottet sie ein. Grund dafür ist die aktuelle Marktsituation, in der vor allem Gaskraftwerke nur Verlustbringer sind.

Wien. Von ungewohnter Seite gab es am Mittwoch Applaus für den Stromkonzern Verbund: Grüne und Global 2000 begrüßten den „Teilausstieg“ aus der Kohle. Und auch Umweltminister Andrä Rupprechter fand lobende Worte für das Unternehmen. Ob dies in der Verbund-Zentrale für fröhlichere Stimmung gesorgt hat, ist jedoch fraglich. Denn die Entscheidung, bis auf eine Anlage sämtliche thermischen Kraftwerke des Konzerns stillzulegen oder einzumotten, wurde nicht aus ökologischen, sondern aus ökonomischen Motiven getroffen. Die Anlagen sind nämlich seit einigen Jahren aufgrund der Marktsituation reine Verlustbringer, die sprichwörtlich Geld verbrennen, sobald sie in Betrieb sind.

Zwei ältere Kraftwerke aus dem Verbund-Portfolio werden daher nun komplett stillgelegt (der Verbund-Block im Kohlekraftwerk Dürnrohr sowie das Ölkraftwerk Werndorf), drei relativ neue Gaskraftwerke werden temporär eingemottet (zwei in Frankreich sowie das erst 2012 in Betrieb gegangene in Mellach). Nur das ebenfalls in Mellach angesiedelte Kohlekraftwerk bleibt weiter in Betrieb, weil der Verbund bis 2020 die Fernwärmeversorgung von Graz zugesichert hat.

Erneuerbare verzerren Markt

Angesichts der aktuellen Verzerrungen auf dem Strommarkt sei der Betrieb von thermischen Kraftwerken nicht mehr wirtschaftlich, wiederholte Anzengruber am Mittwoch seine Kritik an der aus seiner Sicht „Überförderung“ von erneuerbaren Energieträgern. Grund für die Unwirtschaftlichkeit der thermischen Kraftwerke sind nämlich die in den vergangenen Jahren deutlich gesunkenen Großhandelspreise bei Strom. Und dafür gibt es zwei Gründe: So kommt es immer häufiger zu einem zeitweiligen Überschuss von gefördertem Ökostrom. Dieser muss zwar von den Verbrauchern mittels Förderzuschlägen teuer bezahlt werden, auf dem Großhandelsmarkt macht er sich jedoch als Preisdrücker bemerkbar. Gleichzeitig ist die Nachfrage durch die Wirtschaftskrise drastisch eingebrochen und hat sich seither nicht wieder erholt.

Besonders stark betroffen sind von dieser Entwicklung gerade die modernen und effizienten Gaskraftwerke, die noch vor wenigen Jahren als wichtige „Brückentechnologie“ bezeichnet wurden. Sie sind aufgrund der niedrigen Preise bei Kohle und CO2-Zertifikaten auch gegenüber den mit Kohle befeuerten Anlagen wirtschaftlich im Nachteil.

Der Verbund muss daher – wie andere heimische und internationale Energieversorger – bereits seit Jahren regelmäßig Sonderabschreibungen durchführen, um die Buchwerte der Kraftwerke zu verringern, was sich in den Bilanzen als Verlust auswirkt. Das 550 Mio. Euro teure Kraftwerk in Mellach steht nun nur mehr mit 140 Mio. Euro in den Büchern. Ähnlich die Situation bei den beiden französischen Kraftwerken. Gleichzeitig wurden aber auch im laufenden Betrieb Verluste eingefahren: Für die zwei französischen Kraftwerke machte dies im Vorjahr ein Minus von 86,2 Mio. Euro aus.

Neustart frühestens 2017

Zumindest Letzteres will der Verbund, der wegen der vielen Sonderabschreibungen im Vorjahr bereits einen Einbruch des operativen Ergebnisses um 83,7 Prozent auf 147 Mio. Euro hinnehmen musste, künftig vermeiden. Dennoch werde heuer auch der Nettogewinn von zuletzt knapp 580 Mio. Euro auf 150 Mio. Euro fallen, gab das Unternehmen bereits im Februar bekannt. Der Verbund geht derzeit nicht davon aus, dass durch die Einmottung weitere Sonderabschreibungen notwendig werden.

Die eingemotteten Kraftwerke würden außer Betrieb bleiben, bis sich „die Rahmenbedingungen bessern“, heißt es beim Verbund. Dies dürfte frühestens 2017 der Fall sein. Zu den Schließungskosten könne noch nichts gesagt werden. Die oberösterreichische Energie AG, die in Riedersbach bis 2016 ebenfalls ein Kohlekraftwerk stilllegen will, geht dabei von 20 Mio. Euro aus. Für die rund 100 Mitarbeiter, die beim Verbund von Stilllegung und Einmottung betroffen sind, würden entweder andere Jobs im Konzern gesucht oder ein Sozialplan erstellt.

Aus dem Verbund-Aufsichtsrat gab es am Mittwoch lobende Worte. Die Börse ließ das Thema kalt, der Aktienkurs pendelte um die Nulllinie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Gas-Kombikraftwerk Mellach
Österreich

Verbund schließt fünf Kraftwerke

"Massive Verwerfungen am europäischen Elektrizitätsmarkt" führen zum Aus, so der Konzern. Das Gas-Kombikraftwerk Mellach wird temporär stillgelegt. Die Werke in Dürnrohr und Neudorf/Werndorf II werden endgültig geschlossen.
International

Deutsche RWE legt noch mehr Kraftwerke still

Vom Netz sollten Anlagen, vor allem Gaskraftwerke, mit einem Volumen von 7,4 Gigawatt gehen, kündigte der Vorstand an..
THEMENBILD VERBUND/LOGO
Österreich

Verbund: Ergebnis bricht ein

Niedrige Strompreise belasten den Konzern. In dem Bereich gibt es ein massives Überangebot.
Österreich

Strom: Verbund wertet ab

Der heimische Stromkonzern stuft seine italienische Beteiligung Sorgenia auf null herab.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.