Der Fuchs erschießt sich und alle rauchen

(c) kurt van der est
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Festwochen: Die belgische Gruppe FC Bergman widmet sich Reinecke Fuchs. Ein schwaches Gastspiel.

Reinecke Fuchs, der Mörder, Dieb und Vergewaltiger, der ungestraft davonkommt, hat seinen Auftritt im Odeon: Die Antwerpener Performancegruppe FC Bergman hat sich die mittelalterliche Sage szenisch vorgenommen. „Von dem Fuchs“ heißt das Ergebnis. In der heuer durchlässigen Kategorisierung der Festwochen firmiert der Abend als „Musik/Theater“. Es ist eine Theaterproduktion mit gelegentlicher Musikbegleitung.

Ein Wasserbecken ist in die Mitte des finsteren Saals eingelassen. Darin liegt ein Frauenkörper. An der Rückwand sieht man eine Glaswand, dahinter waldartiges Gestrüpp. Ein Auto steht auf der Spielfläche. Darin eine alte Frau, ihr Liebhaber, ein Mann, der manische Jäger von „Fuchs“. Hinter dem Lenkrad ein Dritter, bald das nächste Opfer von Fuchs. Ein Kameramann filmt. Die Bilder werden auf die Glaswand projiziert.

Josse De Pauw hat dazu ein paar Texte geschrieben. Über Schuld und Moral, eher Geschwätziges in ein bisserl philosophierender Aufmachung, dem man nicht leicht folgen will. Liegt es an der Übersetzung? Der Jäger schickt den Chauffeur in den Wald. Der Kammermann folgt ihm. Überblendung. Man sieht einen am Meer gedrehten Film. Der Chauffeur klettert auf Klippen herum. Dann Fuchs! Wumm! Er schlägt dem Chauffeur ins Gesicht. Blackout. Der tote Chauffeur wird an den Beckenrand gelegt. Der Jäger, der sich nicht traut, findet ein weiteres Opfer, um es auf die Jagd zu schicken. Außenaufnahme, Fuchs schlägt dem Kerl das Gesicht zu Brei. Er wird an den Beckenrand gelegt. Dazwischen plantscht die Alte mit ihrem Lover herum. Der Jäger lässt seine Unfähigkeit, Fuchs zu fangen, an einem Mädchen aus: „Ich werde dich ficken, bis du schreist.“ Noch einmal Film, diesmal so richtig Splatter. Fuchs kopuliert mit einer Frau und beißt ihr die Lippen ab. Dann steht er auf der Bühne, stimmt ziemlich falsch einen musicalartigen Gesang an. Der Jäger steht neben ihm, die Pistole auf ihn gerichtet, traut sich wieder nicht. Fuchs erschießt sich selbst.

Und die „Musik“? Ein kleines Streicherensemble spielt immer wieder Eklektisches und macht ein paar Geräusche. Geraucht wird ständig, sogar die Musiker paffen. Kein zwingendes Gastspiel. Eine langatmige Übung mit bekannten Theatermitteln. Abgehakt. (mus)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2014)

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