Schweizer wollen keinen Mindestlohn

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Die Eidgenossen haben die Einführung einer gesetzlichen Lohnuntergrenze abgelehnt. Vertreter der Wirtschaft zeigen sich erleichtert.

Bern. Die Antwort hätte nicht eindeutiger ausfallen können: Rund 80 Prozent der Schweizer haben sich am gestrigen Sonntag bei einer Volksabstimmung gegen die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns ausgesprochen.

Der Schweizer Gewerkschaftsbund ist mit seiner Initiative „Für den Schutz fairer Löhne“ klar gescheitert. Die Arbeitnehmervertreter hatten eine Lohnuntergrenze von 22 Franken pro Stunde (umgerechnet 18 Euro) oder rund 4000 Franken im Monat gefordert. Wäre der Entscheid durchgegangen, hätten die Eidgenossen den höchsten Mindestlohn der Welt bezahlt.

Im Vorjahr haben die Schweizer etwa für die Einschränkung von Manager-Gehältern votiert. Mit umso größerer Erleichterung dürften die Arbeitgeber das aktuelle Ergebnis nun aufgenommen haben. „Es ist ein klares Votum des Volkes, ein Vertrauensvotum für die Wirtschaft“, sagte Hans-Ulrich Bigler vom Schweizerischen Gewerbeverband. Gegner der Initiative hatten im Vorfeld vor einem Verlust von Arbeitsplätzen gewarnt. Der Präsident des Schweizer Maschinenbau-Verbandes Swissmem gab zu bedenken, dass ein im Vergleich zu Deutschland oder Frankreich doppelt so hoher Mindestlohn vor allem Arbeitsplätze in den Grenzgebieten gefährde. In Deutschland wird der Mindestlohn ab 2015 eingeführt. Dort erhalten Beschäftigte 8,5 Euro je Stunde.

Einige Firmen zahlen mehr

Einige Schweizer Unternehmer haben die Forderungen der Initiative ohnedies schon vorweggenommen: So zahlt die Supermarktkette Lidl ihren Angestellten seit diesem Jahr mindestens 4000 Franken monatlich. Auch in der Maschinenindustrie wurden branchenweite Mindestlöhne vereinbart. Je nach Region gelten Lohnuntergrenzen zwischen 3300 und 3850 Franken. Die Gehälter in der Schweiz sind vergleichsweise hoch. Im Durchschnitt verdienen Arbeiter und Angestellte etwas mehr als 6000 Franken pro Monat.

Ende April hat das Schweizer Bundesamt für Statistik jedoch veröffentlicht, dass sich die Lohnschere in der Schweizer Privatwirtschaft weiter geöffnet hat. Demnach seien die höchsten Löhne in den vergangenen Jahren doppelt so stark gestiegen wie die tiefsten. Angaben des Schweizer Gewerkschaftsbundes zufolge sei der Lohn jener zehn Prozent, die am wenigsten verdienen, im vergangenen Jahrzehnt um 9,5 Prozent (nominal) gewachsen.

Das Plus bei den Gutverdienern war mit 22,5 Prozent deutlich stärker. Das hat sich auch auf die Realeinkommen ausgewirkt: Während es bei den Geringerverdienern zwischen 2010 und 2012 zu Reallohnverlusten kam, blieb Besserverdienern Geld übrig. (ag./red.)

Gripen-Abstimmung siehe Seite 6

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2014)

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