Die ÖVP spart lieber beim Heer, und die SPÖ schaut dabei zu

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Seit 2006 wurden dem roten Ressort zwei Milliarden Euro gestrichen. Es wäre an der Zeit, sich zu wehren - oder mit der Bevölkerung Klartext zu reden.

Beginnen wir mit einem Zeitsprung: Österreich, im Winter 2012, kurz vor der Heeresvolksbefragung: ÖVP-Chef Michael Spindelegger packt seine überzeugendsten Argumente für die Wehrpflicht aus (den Zivildienst), Niederösterreichs Bürgermeister hyperventilieren angesichts von 35 Zentimetern Neuschnee und können die scheinbar drohende Katastrophe nur durch schneeschaufelnde Rekruten abwenden. SPÖ-Kanzler Werner Faymann macht sich hingegen nicht einmal die Mühe, für eine Freiwilligenarmee zu werben. Sondern tut das, was er in Sachen Verteidigungspolitik am liebsten macht: wegsehen und hoffen, dass die Debatte abflaut.

Nach dem Sieg der ÖVP passierte dies auch tatsächlich. Seitdem verhärtet sich die Vermutung: Der ÖVP ist das (sozialdemokratisch geführte) Verteidigungsressort nicht so wichtig wie das schwarze Innenressort. Daher wird dort der Sparstift besonders schnell gezückt. Die SPÖ schaut dabei seelenruhig zu – schließlich darf sie nicht ihr Berufsheer umsetzen. (Außerdem ist ihr die ÖVP-Taktik bekannt: Als das Finanzressort noch in roter Hand war, spielte die SPÖ dasselbe Spiel und investierte in das damals ebenfalls rote Innenressort.) Das Ergebnis dieser Politik: Dem Verteidigungsressort bleiben ein Budget von 1,8 Milliarden Euro und jede Menge Sparvorgaben. Seit April sind daher nur noch zwölf der 18 Eurofighter-Piloten im Dienst.

Eine besondere Pointe folgt noch: Die ÖVP, nicht gerade unschuldig an der Sparpolitik, empört sich nun öffentlich darüber. Laut Wehrsprecher Bernd Schönegger gefährdet Minister Gerald Klug die Einsatzfähigkeit des Heeres. Mit den gestrichenen 42Millionen Euro in diesem Jahr könne das Finanzfiasko nicht erklärt werden – es müssten weit größere Probleme bei der Budgetierung bestehen.

Diese gespielte Aufregung ist fast schon putzig. Heeresangehörige trommeln nicht umsonst seit Jahren, dass das Militär ausgehungert wird. Seit 2006 wurden nach und nach zwei Milliarden Euro aus dem Budget gestrichen. Jetzt schaut die ÖVP aber genüsslich dabei zu, wie Klug mit den fehlenden Mitteln kämpft. So wird sein Image angekratzt – während ÖVP-Star Sebastian Kurz weiter Pluspunkte sammelt.

Aber auch schon vor Klugs Zeiten strich man dem Ressort fleißig Millionen aus dem Budget. Ein Beispiel: Das Heer sollte durch Liegenschaftsverkäufe oder sogenannte Unterstützungstätigkeiten einiges an Geld einnehmen. Sollte. Tut es aber nicht: Das Finanzministerium schätzt jährlich von vornherein ab, wie viel Geld in die Roßauer Lände fließen könnte. Und zieht den Betrag prophylaktisch vom Budget ab. Dabei wird die Latte bewusst so hoch gelegt, sodass das Heer sie nicht erreichen kann. Das Ergebnis: Es macht mit den Verkäufen sogar Verluste.

Also alles die Schuld der ÖVP? Nein, bei Weitem nicht. Schließlich sitzt im Verteidigungsressort ein Sozialdemokrat. Klug muss den Mut aufbringen, gegen die ÖVP (und den Kanzler) aufzubegehren: Katastrophenschutz, Auslandsmissionen und ein attraktiver Wehrdienst sind so nicht umsetzbar. Oder aber er redet mit der Bevölkerung Klartext: Geht es mit dem Heer so weiter, könnte sie die Folgen am eigenen Leib spüren. Etwa, wenn nicht mehr genügend schweres Gerät oder Hubschrauber parat stehen, um bei einem Hochwassereinsatz zu helfen.


Was also tun? Ein neues Dienstrecht ist jene Reform, die das Heer am bittersten nötig hat. Schließlich schluckt das Personal 70Prozent des Budgets. Das würde zwar erst in Jahren spürbar werden. Aber irgendwann muss man mit radikalen Reformen beginnen. Außerdem könnte man tatsächlich, wie kolportiert, nur so viele Grundwehrdiener einberufen, wie man benötigt. Die 22.000 jungen Männer kosten nicht nur wegen der Munition Geld. Auch die Überstunden der Ausbildner sind kostspielig.

Nur eines darf man nicht mehr machen: wegsehen und hoffen, dass die Debatte abflaut.

E-Mails an:iris.bonavida@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2014)

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