Die Terrorgruppe wurde vor rund zehn Jahren gegründet. Spätestens seit der Führung von Abubakar Shekau ist sie extrem gewalttätig und radikal.
Vorbild Taliban: Als Mohammed Yusuf zu Beginn der 2000er Jahre die Sekte Boko Haram gründete, orientierte er sich an der islamistischen Organisation in Afghanistan. Ganz genau ist nicht bekannt, ob Boko Haram bereits vorher in irgendeiner Form existiert hat, nur die Ausrichtung der Sekte war von Anfang an offensichtlich: Die Einführung der Scharia sowie das Verbot westlich-kultureller Einrichtungen, darunter Schulen. Der Name der Sekte ist daher Programm. Lose übersetzt von der Hausa-Sprache heißt Boko Haram „Westliche Bildung ist Sünde".
Im Norden Nigerias wurde Anfang des 19. Jahrhunderts das Kalifat von Sokoto gegründet. Rund hundert Jahre nach der Gründung begannen die Briten, die das Gebiet dann kontrollierten, mit christlicher Missionierung. Islamische Radikalisierungstendenzen begannen in den 1970er Jahren.

Die ersten Jahre ihrer Existenz bzw. seit der Führung von Mohammed Yusuf hat Boko Haram keine Anschläge verübt. Er gründete in Maiduguri - bis heute das Zentrum von Boko Haram, siehe Karte unten - eine Moschee sowie eine Schule, die islamische Bildung vermittelte. Die Mitglieder der Sekte wurden großteils in dieser Schule rekrutiert. Yusufs Ziel war die Gründung eines islamischen Staates, der - später - auch den christlichen Süden Nigerias umfassen sollte. Beobachtern zufolge verfügt die Gruppe nicht über starre bzw. strikte Strukturen.
2009 begann die nigerianische Regierung mit einer Offensive gegen Boko Haram. Zuvor konnte beobachtet werden, dass sich die Mitglieder bewaffneten. Im Sommer nahm die Regierung mehrere mutmaßliche Mitglieder fest, die ersten Scharmützel begannen. Boko Haram verübte Anschläge auf Polizeistationen, offizielle Einrichtungen und Kirchen. Die Kämpfe zogen sich über mehrere Tage hin, hunderte Menschen starben. Unter den Verhafteten befand sich auch Mohammed Yusuf: Er starb in Polizeigewahrsam. Offenbar wurde er bei einem Fluchtversuch getötet. Sein Nachfolger wurde Abubakar Shekau, der der Sekte noch heute vorsteht.

Shekau wird als skrupelloser Einzelgänger beschrieben, die BBC sieht in ihn einen „halben Theologen und halben Gangster". Mit Beginn seiner Führung ist Boko Haram viel radikaler und gewalttätiger geworden. Shekau dürfte zwischen 30 und 40 Jahre alt sein, er stammt aus dem Bundesstaat Yobe, spricht neben Hausa und Kanuri auch Arabisch und Englisch. Gerüchten zufolge hat er nach dem Tod Mohammed Yusufs eine seiner vier Frauen geheiratet. Er zeigt sich nicht nur selten in der Öffentlichkeit, auch andere Mitglieder von Boko Haram bekommen ihn angeblich kaum zu sehen. Er soll nur über Mittelsmänner mit anderen Mitgliedern kommunizieren. Nach einem Anschlag im Jahr 2012 sagte Shekau in einem Video: „Ich genieße es, jeden zu töten, dessen Tod Gott mir befiehlt." Die US-Regierung hat sieben Millionen Dollar für jegliche Information über Shekau angeboten.

Nach dem Tod Mohammed Yusufs haben die Terroranschläge der Sekte sukzessive zugenommen (Schätzungen zufolge sind seit Gründung von Boko Haram rund 10.000 Menschen dieser radikalen Sekte zum Opfer gefallen). Es werden Verbindungen zu Al-Quaida vermutet, allerdings konnte das bisher nicht schlüssig bewiesen werden. Möglich ist auch, dass Boko Haram allein operiert. Seit der Übernahme von Shekau steht der Dschihad auf der Agenda der salafistischen Terrorgruppe. Die Mitglieder misshandeln, verschleppen und töten auch die muslimischen Einwohner Nigerias, die in ihren Augen zu liberal ausgerichtet sind. Jüngst hat die Entführung von Schulmädchen weltweit Aufsehen erregt: mehr als 200 Mädchen wurden verschleppt. Laut Shekau seien die Mädchen „Sklavinnen", ihre Entführung wurde damit begründet, dass sie westliche Bildung erhalten hatten (die Mädchen sind zwischen 12 und 17). In einer Videobotschaft verlautbarte Shekau lachend, dass die Schulmädchen in seiner Gewalt seien.


Im vergangenen Jahr hat Nigerias Präsident Goodluck Jonathan den Ausnahmezustand über den Norden des Landes verhängt. Jonathan wird mangelnde Durchsetzungskraft vorgeworfen, was die Bekämpfung der Terrorsekte betrifft. Auch nach der Entführung der Schulmädchen hat er sich viel später zu Wort gemeldet, worauf es Kritik hagelte. Einen Schulterschluss mit den Ländern Kamerun, Niger, Benin und Tschad sowie den USA und der EU gab es vergangene Woche: Ein Globaler Aktionsplan gegen Boko Haram wurde beschlossen. Von internationalen islamischen Organisationen wird Boko Haram scharf verurteilt.

(duö)