Thailand: Militärjunta greift mit aller Härte durch

Thai army chief General Prayuth listens to questions from the media during a news conference at the Army Club in Bangkok
Thai army chief General Prayuth listens to questions from the media during a news conference at the Army Club in Bangkok(c) REUTERS
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Putschisten nahmen Ex-Premier Yingluck Shinawatra, Teile ihrer Familie und etliche Regierungsgegner fest. Die Junta scheint nervös, denn inzwischen kursieren Berichte über eine thailändische Exilregierung in Kambodscha.

Bangkok. Thailands Militärjunta hat ihre Umklammerung weiter festgezurrt. Am Freitag hat die Armee Yingluck Shinawatra, die bis vor zwei Wochen Regierungschefin war, festgenommen und Berichten zufolge in ein Militärcamp nördlich von Bangkok gebracht. Laut einem Armeesprecher wurden mehr als hundert weitere Personen festgenommen, unter ihnen Politiker und Banker, die die Regierung unterstützt hätten. Nach Angaben eines Armeeoffiziers soll Yingluck „nicht länger als eine Woche” festgehalten werden.

Yingluck musste sich auf Anordnung von Putschisten-Chef Prayuth Chan-Ocha mit mehr als 20 Familienmitgliedern und Freunden der Familie der Armee stellen. Insgesamt 155 Menschen, darunter viele Minister, mussten ebenfalls beim Militär vorsprechen. Ihnen allen wurde untersagt, das Land zu verlassen. Warum die Armee die Ex-Premierministerin festgesetzt hat, war zunächst unklar.

Am Freitagabend haben mehrere hundert Menschen dem Versammlungsverbot der Militärjunta getrotzt und in der Innenstadt von Bangkok einen friedlichen Protest abgehalten. Sie hielten Transparente in die Höhe, auf denen „Kein Putsch” und „Befreit Thailand” stand. Sie skandierten: „Junta raus.” Als das Militär rund 200 mit Maschinen- und Sturmgewehren bewaffnete Soldaten an den Ort des Protests brachte, löste sich die Kundgebung schnell auf. Trotzdem inhaftierte das Militär, zum Teil recht brachial, mindestens fünf Menschen.

Propagandamusik aus Kaltem Krieg

Einige lokale Fernsehsender sind unterdessen vorübergehend wieder auf Sendung gegangen. Nach dem Putsch am Donnerstag hat das Militär sämtliche Sender des Landes dazu gezwungen, ihren Betrieb einzustellen und nur noch das Signal des Armeesenders „Channel 5“ zu übertragen. Von da an war nur das Emblem der Militärjunta zu sehen, die sich „Nationaler Rat zur Aufrechterhaltung von Frieden und Ordnung“ nennt. Im Hintergrund wurde Militärpropagandamusik aus dem Kalten Krieg gespielt, unterbrochen nur durch weitere Verlautbarungen des Regimes. Auch internationale Fernsehsender wurden abgeschaltet. Am Freitagabend wurde der Sendebetrieb wieder komplett eingestellt.

Am Freitag gab es vermehrt Berichte über Bemühungen, eine Exilregierung – möglicherweise im benachbarten Kambodscha – zu bilden. Vermutlich deswegen wurden Grenzschutzbeamte angewiesen, keine thailändischen Staatsbürger in das benachbarte Laos ausreisen zu lassen.

Die Junta scheint nervös. Der Putsch im Jahr 2006, bei dem konservative Offiziere den damaligen Premier Thaksin Shinawatra – Yinglucks Bruder – aus dem Amt jagten, verlief vergleichsweise sanft. Doch seitdem haben sich die Unterstützer der Shinawatras, die sogenannten „Rothemden”, organisiert. Sie sind auf die Armee ohnehin nicht gut zu sprechen: Als 2010 eine weitere, vom Militär gestützte Regierung im Amt war und zigtausende „Rothemden“ in Bangkok für die Durchführung von Wahlen demonstrierten, schlug das Militär die Proteste mit harter Gewalt nieder. Mehr als 90 Menschen starben, die meisten von ihnen unbewaffnete Demonstranten.

Mehrere Gerichte stellten seither in Einzelfällen fest, dass die Tode mehrheitlich auf das Konto der Armee gingen. Die Armee bestreitet bis heute, auch nur einen Demostranten verletzt zu haben. Berichte, wonach sich radikalere Gruppen innerhalb der komplexen Rothemden-Bewegung seit der blutigen Niederschlagung der Proteste 2010 bewaffnet haben, dürften der Grund für das harsche Durchgreifen der Militärregierung sein.

Am Freitag bekräftigte Juntaführer Prayuth seine Ziele. Vor hunderten geladenen Bürokraten sagte er, bevor wieder Wahlen abgehalten werden könnten, müsse es wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Reformen geben. Falls die Situation danach friedlich sei, werde er die Macht an das Volk zurückgeben.

Zurück zur vordemokratischen Zeit

Prayuth hat damit exakt denselben Wortlaut gewählt wie die monarchistischen Regierungsgegner, die das Land mit ihren zum Teil gewaltsamen Protesten seit November blockiert haben.

Diese Regierungsgegner stammen vor allem aus Bangkoks Mittelschicht und der Elite. Sie repräsentieren nur einen kleinen Teil der Bevölkerung, werden aber von hochrangigen Akteuren aus dem Umfeld der traditionellen Elite unterstützt. Ihr Ziel: den Einfluss von demokratisch gewählten Regierungen so weit zurückzudrängen, dass wieder ausschließlich die alte Elite aus vordemokratischer Zeit das Sagen hat. Deren politisches Vehikel, die „Democrat Party”, hat zuletzt 1992 landesweite Wahlen gewonnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2014)

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