Auch Millionen schützen vor dem Ende nicht

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Das Start-up war heimischer Marktführer bei Bezahl-SMS und durfte als erstes Unternehmen das SMS-Voting für die US-Castingshow "American Idol" durchführen. Was wurde aus ... 3United?

Sie waren 2006 schon dort, wo viele Start-ups heute noch hinwollen: kurz vor der Übernahme durch einen US-Konzern. Für 55 Millionen Euro wurde das österreichische Unternehmen 3United AG an den amerikanischen Konzern Verisign verkauft. Damit fanden Jahre an Unternehmertum, an Zittern und Bangen, aber auch an großen Höhenflügen, ein Ende. Aber nur fast.

Einen der Grundsteine für das Unternehmen hat der Wiener Oliver Holle fast zehn Jahre davor, 1997, gelegt. Holle, Student an der WU Wien hat nach seinem Uniabschluss eine Firma für Online-Computerspiele gegründet. Es ist die Zeit der ersten Dotcom-Blase und innerhalb kurzer Zeit lukriert seine Firma (damals noch mit dem Namen „Sysis“) vier Millionen Euro an Risikokapital. Weil in dieser Zeit alle leben, als gebe es kein Morgen, ist das Geld nach einem Jahr weg. Und nicht nur das. Die Dotcom-Blase ist geplatzt, und die meisten seiner Kunden sind pleite. Es beginnen die harte Jahre.

Die „typische Start-up-Hölle“, sagt Holle, rote Haare, Hornbrille, Familienvater. Zwei Jahre lang kämpft sein Unternehmen Monat für Monat um das Überleben. Aus den fünf Mitarbeitern sind in der Dotcom-Zeit 70 geworden, jetzt sind es wieder 15. Das Start-up überlebt mit Glück. Für den schwedischen Handyhersteller Ericsson entwickeln sie eine Art Online-Store für „mobilen Content“.

2004 fusioniert Holle seine Firma mit zwei anderen „Mobile“-Unternehmen: Xidris und Connovation. Erstes ist im Bereich der Mehrwert-SMS (Online-Voting etwa für Starmania) groß im Geschäft, das andere im Bereich Mobile-Ticketing. Ab dann geht es aufwärts. Innerhalb von zwei Jahren wird die 3United AG nach Angaben Holles zu einem der führenden Mobile-Anbieter in Europa. Es ist das Jahr 2005 und Amerika hinkt noch hinter Europa her. Da greift Verisign nach Österreich. Der US-Konzern, einer der größten der Staaten, verwaltet die .com- und .net-Domains. Verisign kennt 3United, weil die Österreicher schon die Voting-SMS für die TV-Sing-Show „American Idol“ gemacht haben. „Die hatten in ganz Amerika niemanden, der das gekonnt hätte“, sagt Holle.

Auf nach Silicon Valley. Die Firmen sind sich einig, um 55 Mio. Euro wechselt 3United den Besitzer. Dann geht alles ganz schnell. Holle geht zu Verisign ins Silicon Valley und wickelt dort die Unternehmens-Integration ab. Sein 3United-Kollege Markus Wagner (ehemals Xidris) geht für Verisign nach New York. Der dritte im Vorstand Andreas Wiesmüller (ehemals Connovation) steigt nach dem Verkauf aus.

Der Hauptstandort von 3United bleibt in Österreich und wächst weiter. Bis 2008 mit einem Schlag alles aufhört. Quasi über Nacht entscheidet Verisign sich von seiner mobilen Sparte zu trennen. „Das war bitter“, sagt Holle. 3United wird an einen niederösterreichischen Investor verkauft. Holle geht nach Wien zurück und fängt neu an. „Irgendwann muss man Dinge auch hinter sich lassen“, sagt er. 3United wird in MMS AG umbenannt. Was danach passiert, verfolgt er nicht mehr.

Holle findet neue Aufgaben. Er gründet „The Merger“ und später den Businessangelfonds Speedinvest im fünften Bezirk, mit dem er bis heute Start-ups fördert. Sein Kollege Markus Wagner hat sich bereits 2007 mit seinem Start-up-Incubator i5Invest in Wien und New York selbstständig gemacht. Mittlerweile dürfte er einigen auch als Freund von Ex-SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas bekannt sein. Andreas Wiesmüller hat unter anderem das Stadtmagazin „Das Biber“ mitgegründet und war Vorstand der Lomographischen Gesellschaft. Derzeit ist er als neuer Pächter des Kunsthallencafés Heuer am Karlsplatz wieder in den Medien.

Auch andere Mitglieder aus dem ehemaligen 3United-Teams hätten sich selbstständig gemacht, sagt Holle. 16 Start-ups seien aus diesem Umfeld hervorgegangen. Eine Tatsache, die wirklich wichtig für ihn ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2014)


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