Gabriel: EVP muss Berlusconi und Orbán ausschließen

SPD-Chef Sigmar Gabriel mit Spitzenikandidat Martin Schulz
SPD-Chef Sigmar Gabriel mit Spitzenikandidat Martin Schulzimago/Hendrik Rauch
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SPD-Chef will Zukunft Europas nicht mit "Antieuropäern und Rechtspopulisten" entscheiden. Ohne Forza Italia und Fidesz wäre die Europäische Volkspartei freilich nicht mehr die größte Fraktion in Straßburg.

Mit einer weitreichenden Forderung ist SPD-Chef Sigmar Gabriel am Montag in das Taktieren um die Besetzung des EU-Kommissionspräsidenten eingestiegen: Er forderte die Europäische Volkspartei EVP, die die Wahl zum Europäischen Parlament gewonnen hat und deshalb den Posten des Kommissionschefs für ihren Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker beansprucht, auf, die ungarische Partei Fidesz von Premier Viktor Orban und die italienische Forza Italie von Ex-Premier Silvio Berlusconi auszuschließen. Gabriel warnte Europas Konservative, sich Mehrheiten mit Anti-Europäern und Rechtspopulisten zu sichern. Fidesz oder Forza Italia dürften nicht darüber entscheiden, wie sich Europa entwickeln solle, sagte Gabriel am Montag in Berlin.

Für die SPD sei klar, dass sie keine Mehrheiten mit denjenigen zustande bringen wolle, die „populistische, anti-europäische Kampagnen“ geführt hätten, sagte Gabriel weiter. Er erwarte daher auch von CDU und CSU, dass sie in ihrer europäischen Parteienfamilie für Klarheit sorgten. Am Ende werde sich dann auch herausstellen, wer wirklich stärkste Kraft in Europa sei - die konservative EVP oder die europäischen Sozialdemokraten.

Fidesz ist ohnehin gegen Juncker

Und das ist genau der entscheidende Punkt, denn schlösse die EVP die beiden genannten Parteien wirklich aus, dann würde sie nicht mehr die größte Fraktion im Europäischen Parlament stellen. Im Falle Fidesz ist die Sache allerdings schon dadurch reichlich kompliziert, dass die ungarischen Konservativen bereits angekündigt haben, Junckers Kandidatur für den Kommissionschef gar nicht zu unterstützen. Ohnehin ist die EVP auf die Sozialdemokraten angewiesen, um Juncker durchzubringen.

Inwieweit Gabriels Forderung mit den Partnerparteien in der europäischen Sozialdemokratie abgesprochen war, war zunächst unklar. Deren Spitzenkandidat Martin Schulz hatte jedenfalls keinerlei Anzeichen erkennen lassen, trotz des zweiten Platzes seine Ambitionen auf den Posten des Kommissionspräsidenten aufzugeben.

Wie das Europaparlament Montagnachmittag in einer aktualisierten Hochrechnung mitteilte, komme die EVP auf 28,36 Prozent oder 213 Sitze, die Sozialdemokraten auf 25,30 Prozent oder 190 Sitze. Auf Platz drei liegen die Liberalen mit 8,52 Prozent oder 64 Sitzen. Rechtsorientierte und populistische Parteien kommen zusammen auf rund 19 Prozent. Ob es am rechten Rand eine neue Fraktion geben wird, ist noch offen.

(APA/Reuters/Red.)

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