"Presse" exklusiv: Kardinal Schönborn musste nach Intervention des Papst-Botschafters Zurbriggen einen Pfarrer zurückpfeifen: Eine Frau hat offenbar ein Hochgebet gesprochen.
Die Wogen um die Vorsitzende der reformorientierten Plattform „Wir sind Kirche“ Martha Heizer, ihre Privatmessen mit wenigen Freunden und die daraus folgernde Exkommunikation sind noch nicht geglättet. Schon wird der nächste Fall bekannt, der beweist, dass eine derartige Praxis auch anderswo vorkommen kann. Diesmal war die Zahl der Beteiligten größer – und vor allem der Ort einer vorgetäuschten Messfeier war nicht ein privates Wohnzimmer – sondern eine katholische Kirche.
Tatort Kottingbrunn, ungefähr 40 Kilometer südlich von Wien im Bezirk Baden. Tatzeit: 2. Juni 2013. Ein Mann und eine Frau ziehen zum Sonntags-Gottesdienst um 9.30 Uhr mit liturgischen Gewändern in die Kirche ein. Pfarrer Walter Reichel, der wegen des Priestermangels eine weitere Pfarre mitbetreuen muss, feiert währenddessen Erstkommunion in Schönau.
Eklat bei Sonntagsgottesdienst
In Kottingbrunn liest ein Laie nicht nur das Evangelium, sondern er predigt auch, wie das in einer „Anzeige“ an Nuntius Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen dargestellt wird – was laut geltendem Kirchenrecht einem Laien verboten ist.
Mehr noch: Die Frau spricht danach laut Aktenlage die Worte der Gabenbereitung, das Sanctus, auch ein Hochgebet und simuliert gleichsam eine gesamte Eucharistiefeier. „Skandal“ ruft ein Mitfeiernder, der das Gotteshaus wütend verlässt.
Pfarrer Reichel erfährt von dem Eklat und schreibt, Böses ahnend, ein Erklärungs-Mail an Kardinal Christoph Schönborn. Doch zu spät. Hochoffiziell ist eine Eingabe an den Vertreter des Papstes in Österreich Erzbischof Zurbriggen schon formuliert und nach Wien-Wieden in die Theresianumgasse geschickt.
Zum Kardinal zitiert
Da Kottingbrunn nicht nur in der Nähe von Wien liegt, sondern auch im Gebiet der Erzdiözese Wien, muss der Nuntius bei Kardinal Schönborn nachfragen. Wochen später wird Schönborn dem Papst-Botschafter gegenüber in einer schriftlichen Stellungnahme festhalten, bei dem Vorfall habe es sich tatsächlich um eine „unerlaubte und irreführende Form des Wortgottesdienstes“ gehandelt. Und, der Kardinal weiter: Bei der Feier sei in „sehr missverständlicher Weise eine Art Hochgebet“ gesprochen worden.
Pfarrer Reichel wurde in das Erzbischöfliche Palais zitiert und vom Kardinal gemaßregelt. Reichel blieb am Dienstag im Gespräch mit der „Presse“ bei seiner Version des denkwürdigen Sonntags: „Das war ein Wortgottesdienst mit Kommunionfeier. Es sind eindeutig keine Wandlungsworte gesprochen worden.“
Heizer stellt Vertrauensfrage
Und wie geht es mit Martha Heizer weiter? Sie will weiter Chefin der reformorientierten Gruppierung bleiben, wie sie im Gespräch mit der „Presse" sagt. Und sie kündigt an, im Vorstand die Vertrauensfrage zu stellen. Die nächste Sitzung des 13-köpfigen Gremiums findet am Dienstag nach Pfingsten in Salzburg statt.
Heizer zur Forderung ihres unmittelbaren Vorgängers Hans Peter Hurka, sich nach der Exkommunikation von der Spitze zurückzuziehen: "Ich finde es nicht klug und bin auch nicht begeistert. Aber es ist sein gutes Recht. Ich bin vom Vorstand gewählt, und der wird entscheiden. Ich rechne aber mit dem Vertrauen des Vorstandes."