Gaskrise: EU will Unabhängigkeit von russischem Gas

Greenpeace in Tschechien macht sich für Unabhängigkeit von russischem Gas stark.
Greenpeace in Tschechien macht sich für Unabhängigkeit von russischem Gas stark.(c) imago/CTK Photo (imago stock&people)
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Um unabhäniger von Russlands Gas zu werden, sollen EU-Mitgliedsländer sollen Speicher, Pipelines und Flüssiggas-Terminals ausbauen - und heimische Energiequellen besser nutzen.

Angesichts des Gaskonflikts mit Russland will die EU-Kommission Europa unabhängiger von russischem Gas und Öl machen. Dazu sollen die Staaten ihre Speicher und Pipelines ausbauen, nationale Notfallpläne erstellen und heimische Energiequellen besser nutzen. Das schlug die EU-Behörde am Mittwoch in Brüssel vor.

Die EU will Flüssiggasterminals ausbauen. Mit Stresstests soll geklärt werden, ob bei einem Lieferstopp etwa im kommenden Winter die Energieversorgung gesichert wäre. Solche Tests wären vor allem für Osteuropa wichtig, da Staaten wie Litauen zu hundert Prozent von russischem Gas abhängen.

"Dürfen nicht erpressbar werden"

EU-Energiekommissar Günther Oettinger warnte mit Blick auf die Energieabhängigkeit der EU: "Wir müssen vermeiden, dass wir politisch und kommerziell erpressbar werden." Der größte Lieferant der EU sei derzeit der russische Anbieter Gazprom. Bereits 2009 hatte Russland wegen unbezahlter Rechnungen der Ukraine das Gas zeitweilig abgedreht, was zu Engpässen auch in der EU führte.

Oettinger sieht derzeit aber keine direkte Gefahr für die Versorgung der europäischen Bevölkerung und Industrie: "Wir stehen heute deutlich besser da als bei den Gaskrisen 2006 oder Anfang 2009." Zurzeit seien Europas Gasspeicher mit etwa 46 Milliarden Kubikmetern zur Hälfte gefüllt.

EU-Gipfel Ende Juni: Thema Energie

Mit dem Thema wird sich auch der EU-Gipfel Ende Juni (26./27. Juni) befassen. Die EU importiert mehr als die Hälfte ihrer Energie und muss nach EU-Angaben dafür jeden Tag eine Milliarde Euro zahlen. Bei den Energieimporten hängt Europa dabei am Tropf Russlands, von wo etwa je ein Drittel an Rohöl und Erdgas kommen.

In den Verhandlungen mit Russland und der Ukraine zur Lösung des Konflikts um unbezahlte Rechnungen forderte Oettinger beide Seiten auf, schnell eine Lösung zu finden. Die Ukraine soll zur Begleichung ihrer Gasschulden eine Anzahlung von zwei Milliarden US-Dollar (rund 1,47 Mrd. Euro) an den russischen Staatskonzern Gazprom überweisen. Sonst will Russland die Lieferungen ab Juni stoppen. Zudem muss der Preis ab Juni geklärt werden.

Oettinger, der bei den Verhandlungen vermittelt, sagte: "Wir müssen die Fragen, die man jetzt klären kann, nämlich die Begleichung offener Rechnungen und die Verhandlungen hin zu einem fairen Preis, in den nächsten Tagen erfolgreich beenden."

Zweifel an "Energieunion"

Oettinger äußerte Zweifel an dem Vorschlag einer "Energieunion", die der polnische Ministerpräsident Donald Tusk gefordert hatte. Eine europäische Energie-Einkaufsagentur sei "mit Wahrscheinlichkeit gar nicht notwendig", wenn der Binnenmarkt vollendet sei und das Gas quer durch Europa fließen könne, sagte Oettinger.

In Europa ist es Sache jedes einzelnen Staates, über die Nutzung von Energieträgern wie Kohle, Öl, Gas, Wind oder Atomkraft zu entscheiden. Auch der Energiemix ist nationale Angelegenheit.

Die Umweltorganisation Greenpeace kritisierte, Oettingers Plan gehe nicht weit genug. Europa bleibe von Importen abhängig: "Europa wird weiter ein Junkie sein, der dringend Drogen braucht." Auch die Grünen im EU-Parlament nannten Oettingers Vorschläge eine "Wiederauflage des alten, stotternden Energiemixes aus Gas, Kohle und Atomenergie".

Die kommunalen Unternehmen erklärten, in Deutschland gebe es keine direkte Gefahr für Lieferunterbrechungen. "Selbst während des Kalten Krieges waren die Gaslieferungen nie unterbrochen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), Hans-Joachim Reck. Zudem hätten viele kommunale Unternehmen durch Gasspeicher vorgesorgt.

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