EU legt sich mit OMV und Moskau an

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Empört über die Pipelinepläne der OMV mit Gazprom, will die EU das Projekt South Stream stoppen. In einem anderen Gaskonflikt schlägt heute die Stunde der Wahrheit.

Wien. An Konfliktlinien herrscht derzeit auf dem europäischen Gasmarkt fürwahr kein Mangel. Und während sich am heutigen Freitag zeigt, ob der Gashandelsstreit zwischen Russland und der Ukraine vollends eskaliert und auch zu einem Lieferengpass für Westeuropa führt, hat die EU selbst an anderer Stelle einen schwelenden Konflikt weiter angeheizt. Konkret hat sie in dem am Mittwoch präsentierten Strategiepapier über mehr Energiesicherheit auch ihren Wunsch aufgeführt, das umstrittene Gaspipeline-Projekt South Stream, an dem auch Österreich beteiligt ist, vorerst überhaupt auf Eis zu legen. „Das South-Stream-Projekt sollte suspendiert werden, bis volle Übereinstimmung mit der EU-Gesetzgebung garantiert ist, und im Lichte der EU-Energiesicherheitsprioritäten neu evaluiert werden.“

EU gegen Russland und OMV

Aus Sicht der EU verstößt die von Russland forcierte Pipeline, die durch das Schwarze Meer verlaufen und den Gastransitstaat Ukraine umgehen soll, gegen das dritte Energiepaket der EU, dem zufolge eine Pipeline nicht im Besitz des Gaslieferanten stehen darf und für alle möglichen Lieferanten zugänglich sein muss. Schon im Dezember hatte die EU-Kommission daher erklärt, dass die bilateralen Abkommen zu South Stream, die Österreich und südosteuropäische Staaten mit Russland geschlossen hatten, EU-Recht widersprechen. Russland gibt nicht kampflos auf und hat Ende April erste Schritte zur Eröffnung eines Verfahrens gegen die EU bei der Welthandelsorganisation WTO eingeleitet.

Mit der österreichischen OMV hat Gazprom einen starken Mitstreiter gewonnen. Ende April schloss die OMV, die damit spekuliert, beizeiten auch das Gas aus ihren eigenen Schwarzmeer-Lagerstätten über die South-Stream-Pipeline transportieren zu können, mit Gazprom eine Absichtserklärung über den Pipeline-Bau bis nach Wien und sorgte damit in Brüssel für ziemlichen Ärger. In einem aktuellen Interview für die „NZZ“ meint OMV-Chef Gerhard Roiss, die Kritik an der Vereinbarung mit Gazprom sei auch deshalb so heftig, weil im Zuge der Krise um die Ukraine viele erkannt hätten, dass das vorjährige Aus der von der OMV forcierten Gasleitung Nabucco aus dem kaspischen Raum „ein gewaltiger Fehler“ gewesen sei.

Stunde der Wahrheit

Für die EU, die ihre Gasabhängigkeit von Russland reduzieren und stattdessen das eigene Pipeline- und Speichernetz ausbauen will, hat South Stream nicht nur keine Priorität, die Pipeline würde der EU derzeit auch jenen Hebel aus der Hand nehmen, mit dem man Russland zu mehr Kompromissbereitschaft im gesamten Problemfall Ukraine anhalten kann. Ein dringend nötiger Kompromiss ging dieser Tage freilich zunächst daneben.

Über Vermittlung der EU hatten Russland und die Ukraine am Montag vereinbart, dass die Ukraine am Mittwochabend mit der Bezahlung ihrer 3,5 Mrd. Dollar Schulden an Gazprom beginnt und Russland im Gegenzug über einen geringeren Gaspreis für sein Nachbarland verhandelt sowie darauf verzichtet, ab Juni auf das gefürchtete System der Vorauskassa überzugehen. Trotz offensichtlichen Drucks seitens der EU hat die Ukraine nicht gezahlt.

Die Nerven liegen auch in Brüssel immer mehr blank. Immerhin haben die beteiligten Seiten sich am Donnerstag darauf geeinigt, am heutigen Freitag nochmals zu einem Krisentreffen in Berlin zusammenzukommen. Springender Punkt ist, wie weit Russland den Vorstellungen der Ukraine von einem geringeren Gaspreis entgegenkommt.

Gibt es keine Einigung, wird Gazprom ab 3.Juni nur noch Gas liefern, das vorab bezahlt wurde. Im Extremfall kann es auch zu Lieferengpässen in Europa kommen.

GASKONFLIKTE

Die EU-Kommission mischt sich immer mehr in den Gasmarkt ein. Nun will sie die Pläne von OMV und Gazprom zum Bau der Pipeline South Stream auf Eis legen. Die Aktion richtet sich gegen Russland, das seinerseits vor der WTO ein Verfahren gegen die EU initiiert. In einem anderen Gasstreit schlägt indes heute die Stunde der Wahrheit: Einigen sich die Ukraine und Russland nicht, liefert Gazprom ab 3. Juni nur noch gegen Vorauskassa .

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2014)

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