Bauernbund-Chef: "Die Bauern haben nichts zu verstecken"

Bauernbund-Chef Auer ist unglücklich über das romantische Image der Bauern.
Bauernbund-Chef Auer ist unglücklich über das romantische Image der Bauern.(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Bauernbund-Präsident Jakob Auer verteidigt im "Presse"-Interview die Agrarsubventionen, auch für Stiftungen und die Kirche. Und macht seinem Ärger darüber Luft, dass viele am Agrarbudget mitnaschen, alle aber nur über die Bauern schimpfen.

Die Presse:Es heißt, die Agrarförderungen sollen die bäuerlichen Familienbetriebe erhalten. Tatsächlich profitieren auch Großbetriebe und Firmen, die gar nichts mit Landwirtschaft zu tun haben. Wie passt das zusammen?

Jakob Auer: Sie haben völlig recht, es gibt einige Betriebe, die im Rucksack der Bauern mitfahren und still und leise Geld erhalten. Das war immer schon das Problem des Landwirtschaftsbudgets. Wir sind für eine klare Trennung in der Darstellung, was die bäuerlichen Betriebe und was die anderen bekommen. Was uns wirklich ärgert, ist, dass die Bauern immer genau darstellen müssen, wie viel sie bekommen. Von niemand anderem lese ich, wie viel Förderungen er erhält. Damit wird Neid geschürt.

Mit dem Agrargeld wird auch Strukturpolitik gemacht, zum Beispiel der Straßenbau oder der Ausbau von Breitbandinternet gefördert. Müsste das Geld dafür nicht aus dem EU-Budget für Regionalpolitik kommen?

Mir als Landwirt ist es gleich, woher das kommt. Aber man müsste klar aufzeigen, was die Wirtschaftsbetriebe, Tourismusbetriebe und was die Bauern bekommen. So wird vermittelt, dass nur die Bauern Ausgleichszahlungen erhalten. Es ist typisch, dass sich alle bei der Agrarförderung anstellen und kassieren, und dann schimpfen alle über die Bauern. Und ständig gibt es neue Wünsche, was man noch aus dem Agrarbudget zahlen könnte. Ich bekenne mich zur Förderung von Wirtschaftsbetrieben, wenn sie Arbeitsplätze erhalten. Aber man soll es auch so sagen.

Wie viel der Förderungen kommt direkt den Bauern zugute?

Etwa 80 Prozent. Davon profitiert aber auch der Tourismus wesentlich. Wenn das Land nicht bewirtschaftet wird, kann der Tourismus seine Skipisten vergessen. Umgekehrt brauchen wir den Tourismus, weil er uns eine Absatzschiene eröffnet. Und vom Geld, das die Bauern investieren, profitiert auch die regionale Wirtschaft.

Verstehen Sie es, wenn es Menschen aufregt, dass Stiftungen wie jene von Fürst Liechtenstein Millionenbeträge erhalten?

Sie bekommen das Geld ja für Umweltleistungen. Die Voest erhält auch andere Unterstützungen als der kleine Gewerbebetrieb. Da regt sich niemand auf.

Einer der größten Subventionsempfänger ist die Kirche.

Wenn die Kirche ihre Grundstücke bewirtschaftet, warum auch nicht? Die Frage sollte nicht die nach dem Besitzer sein. Sondern die nach der Leistung. Flughäfen und Golfplätze, die nichts bewirtschaften, sind etwas anderes. Sie bekommen künftig auch keine Förderungen mehr.

Trotz Förderungen sperren jedes Jahr einige Prozent der Bauernhöfe zu. Den Strukturwandel kann man mit dem Geld offensichtlich nicht aufhalten.


Es wird schon deutlich weniger Geld als vor zehn Jahren für die Landwirtschaft ausgegeben. Und die Abwanderung vom ländlichen Raum ist wesentlich geringer als im europäischen Durchschnitt. Den Strukturwandel können die Förderungen nicht aufhalten, aber verlangsamen. Seit dem EU-Beitritt wurde er wesentlich gebremst.

Wie viele Bauern würden jährlich ohne das Geld zusperren?

Zehn bis zwanzig Prozent, schätze ich. Das wäre Dramatik pur, da würden Wirtschaft und Tourismus wirklich schauen. Abgesehen von den Problemen der Bauernschaft.

Was wäre so schlimm daran, wenn mehr Menschen vom Land in die Stadt ziehen würden? Österreich ist relativ zersiedelt.

Wenn das Land nicht mehr bewirtschaftet wird, hätte das dramatische Folgen: für das Klima, für den Tourismus, für die Lebensmittelversorgung. Und wie oft hört man, wenn jemand aus dem Ausland zurückkommt, bei uns in Österreich ist es doch am schönsten.

Wie lange, glauben Sie, wird man sich die Förderungen in dieser Höhe noch leisten können?

Wir werden dafür kämpfen, dass es sie weiter geben wird. Wenn Österreich eine überschaubare, hoch qualitative Produktion will und keine Agrarindustrie, muss das so sein.

Die Landwirtschaft wird oft ziemlich romantisiert dargestellt, Stichwort rosa Schweinchen. Bildet das die Realität ab?

Nein, im Gegenteil. Darüber bin ich mehr als unglücklich. Landwirtschaft ist Wirtschaft auf dem Land, nicht die lila Kuh und das sprechende Schweinderl. Dieses Bild verzerrt die Realität, da wird versucht, dem Konsumenten etwas vorzugaukeln. Ich appelliere an alle, sich das zu überlegen. Dass wir auch zu unserem Image beitragen müssen, ist unbestritten. Die Bauern müssen zeigen, wie sie produzieren, die Bevölkerung einbinden. Wir haben nichts zu verstecken.

Zur Person

Jakob Auer (65) ist seit November 2011 Präsident des Bauernbundes und folgte in dieser Funktion Fritz Grillitsch nach. Der gebürtige Tiroler sitzt bereits seit Mai 1983 im Nationalrat und ist damit einer der dienstältesten Abgeordneten. Außerdem ist er seit dem Jahr 2004 Aufsichtsratschef bei der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich. Seit 2011 ist Auer zudem stellvertretender Obmann des Parlamentsklubs der Österreichischen Volkspartei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2014)

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