Und Helmut Qualtinger saß in der ersten Reihe.
Kapfenberg steht vor der Rückkehr in die oberste Spielklasse. Aus der Zeit davor, als die Kicker der obersteirischen Stadtstadt ebenfalls ganz oben mitmischten, stammt jener berühmt gewordene Vergleich Helmut Qualtingers, mit der heute der Volksmund gerne extreme Härteeinlagen auch außerhalb des grünen Rasens beschreibt: „Simmering gegen Kapfenberg – das ist Brutalität“. Wie in einer Publikation des „Büro für Erinnerungen“ in Graz nachzulesen ist, war dieses 1956 ausgetragene Match zwar hart, aber nicht unfair oder brutal.
Die ehemaligen KSV-Spieler Karl Egger und Ernst Kolar haben in dem Band „kicken“ ihre Erinnerungen eingebracht. Kolar schildert, wie Kapfenberg-Stürmer „Haube“ Hauberger in der letzen Spielminute auf 1:0 stellte. Dabei krachte er mit dem kräftigen Simmeringer Goalie Engelmaier zusammen: „Der Tormann hat sich herausgeschmissen, über den Ball drüber, auf dessen Fuß und hat so den Ball mitgenommen. Ich bin hinten gestanden auf der Mittelauflage. Das hat einen Kracher gemacht, wie wenn man eine Zaunlatte abbricht. Und der Knochen, der ist dem Hauberger ausgefahren! Der, der ihm den Pass gegeben hat, der Huff, unser Centerstürmer, der hat die Augen verdreht und ist umgefallen wie ein Stückl Holz.“
Das Spiel sei aber nicht unfair gewesen, so Kolar: „Es war ein schnelles und hartes Spiel. Das gebe ich zu. Aber ohne zu foulen.“ Da seien andere Spiele brutaler gewesen: „Das war ein ganz normales Spiel“. Karl Egger verdankte „Haubes“ Ausfall sein Debüt in der Kampfmannschaft.
Vor dem legendären Zwischenfall in der Schlussminute, den Helmut Qualtinger von der ersten Reihe auf der Tribüne aus mitverfolgte, hatte es einen Zusammenstoß zwischen den Spielern Gollnhuber und Stobl gegeben. Gollnhubers Bein wurde dabei ausgekegelt. „Da sitzt, drei Meter von der Linie weg, ein Arzt und der krallt unter dem Geländer durch und sagt: 'Burschen, kommt' s her! Haltet's ihn!“ Wir haben ihn gehalten, und der Gollnhuber hat schon geschrien: ,Ihr könnt's mich gern haben! Es ist aus für mich! Das Spielen!‘ Wir haben ihn gehalten und der Arzt hat da gesucht und auf einmal hat es einen Rucker gemacht, und der Fuß war wieder drin. Der ist aufgestanden, ist wieder gerannt und hat keinen Schmerz mehr gehabt.“
Literatur-Tipp: Elke Murlasits, Maria Froihofer: kicken . . . ist doch offensichtlich die größte Liebe, die man entwickelt.
Büro der Erinnerungen, Bibliothek der Provinz, 330 Seiten, ISBN 978 3 85252 841 0, Graz 2007.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2008)