EZB-Zinsbeschluss
EZB-Zinsbeschluss: "Gefährlicher Weg"
Georg Fahrenschon, Präsident des deutschen Sparkassenverbandes
"Mit ihren Zinsentscheidungen hat sich die Europäische Zentralbank aus Sicht des deutschen Sparkassenverbandes auf einen gefährlichen Weg begeben. Statt der erhofften Impulse für die Wirtschaft in den Krisenländern werden durch die erneute Zinssenkung die Sparer in ganz Europa weiter verunsichert und Vermögenswerte zerstört".
Christoph Leitl, WKÖ-Präsident
"Der Zinsschritt wird nicht allen Staaten gleichmäßig dienen. Wichtig ist jetzt, dass die niedrigen Zinsen auch wirklich in der Realwirtschaft ankommen. Das Schlechteste für ein Anziehen der Konjunktur ist eine Kreditklemme für die Unternehmen. Liquiditätsengpässe müssten daher unbedingt vermieden werden. Die EZB hat sich im Hinblick auf die Herausforderungen der Krise als tüchtiger und effizienter Krisenmanager bewährt. Nun ist auch die Fiskalpolitik in Österreich und in allen anderen Staaten Europas besonders gefordert, echte Strukturmaßnahmen in die Wege zu leiten und umzusetzen, um auch im Falle eines nächsten Abschwungs gerüstet zu sei."
Peter Brezinschek, Raiffeisen-Chefanalyst
"Die Investitionen werden nicht in die Höhe schnalzen, weil die Zinsen noch einmal gesenkt werden. Das ist ein Irrglaube. Weit positivere Wirkung hätte etwa, wenn sich die Spannungen rund um die Ukraine und Russland abbauen würden: Im Vergleich dazu ist eine Zinssenkung um 0,10 oder 0,15 Prozentpunkte ein Tropfen auf dem heißen Stein oder so viel wie gar nichts."
Hans-Werner Sinn, ifo-Chef
"Das ist der verzweifelte Versuch, mit noch billigerem Geld und Strafzinsen auf Einlagen die Kapitalströme nach Südeuropa umzuleiten und dort die Wirtschaft anzukurbeln. Die Zeche zahlen jetzt alle jene, die Geld langfristig anlegen, also die Sparer und die Besitzer von Lebensversicherungen."
Holger Sandte, Europa-Chefanalyst Nordea
"Mit den Zinssenkungen hat die EZB meine Erwartungen erfüllt. Vermutlich werden auf der Pressekonferenz weitere Maßnahmen bekanntgegeben, die auf eine stärkere Kreditvergabe der Banken abzielen. Wunderwirkungen sollte man allerdings von all dem nicht erwarten. Interessant wird werden, wie sich (EZB-Chef Mario) Draghi zum 'starken Euro' äußert und wie weit offen die Tür für weitere Maßnahmen bleibt."
Jörg Krämer, Chefvolkswirt Commerzbank
"Die EZB hat ihren Hauptrefinanzierungssatz nur um 10 Basispunkte auf 0,15 Prozent gesenkt und nicht wie von den meisten Beobachtern erwartet um 15 Basispunkte. Wenn die EZB ihre Politik in den kommenden Monaten noch einmal lockern wollte, könnte sie ihre Leitzinsen also noch einmal senken und müsste nicht direkt zum Hammer der Staatsanleihenkäufe greifen."
Jörg Zeuner, KFW-Chefvolkswirt :
"Die Zinssenkung von heute gibt wenig neue Impulse für richtiges Wachstum. Die EZB muss daher vielleicht sogar noch mehr tun. Für die Sparer ändert sich mit dem heutigen Schritt wenig. Die wichtigste Einkommensquelle für die überwältigende Mehrheit aller Europäer ist ohnehin das Gehalt, der Lohn oder die beitragsfinanzierte Rente. Das alles steigt nur, wenn die Wirtschaft wächst."
Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung
Verständnis für das Handeln der EZB äußerte Fratzscher: "Die EZB-Maßnahmen könnten seiner Ansicht zwar die Bildung von Spekulationsblasen an den Finanzmärkten und das riskante Verhalten von Banken noch verstärken. Allerdings wäre es noch riskanter und eine deutlich schlechtere Option, wenn die EZB nichts täte. Eine Erholung der gesamten Eurozone und die Vermeidung einer Deflation sind gerade für die sehr offene deutsche Wirtschaft von enormer Bedeutung."
Marcus Scheiblecker, Wifo-Experte
"Die Zinssenkung der EZB bedeutet "gar nichts" für die Konjunktur. Die EZB tue was sie könne, aber nun sei die Fiskalpolitik gefordert. Nur gesamteuropäische Initiativen könnten die Nachfrage ankurbeln und die Wirtschaft in Schwung bringen. Das ist aber eine Entscheidung der Politik. Die Kredite werden durch die Zinssenkung noch ein bisschen billiger, doch die Kreditnachfrage in Österreich sei ohnehin so gering, "da kanns noch so billig sein".