ÖVP-"Stammvater'" Alois Mock ist verstorben

Für die ÖVP war er eine politische Ikone und das letzte Bindeglied in die Zeit der schwarzen Alleinregierung: Am 10. Juni 2014 feierte Alois Mock seinen 80. Geburtstag. Zu seinen Ehren gab die Volkspartei damals in der Wiener Hofburg ein Fest. Neben dem damaligen Parteichef Michael Spindelegger würdigten der damals amtierende Bundespräsident Heinz Fischer und der frühere slowenische Ministerpräsident Lojze Peterle den Jubilar (siehe Foto). Nun ist Mock kurz vor seinem 83. Geburtstag gestorben.

Heinz Fischer würdigte damals in seiner Rede nicht nur die politische Arbeit Mocks im In- und Ausland und seine Weitsicht, sondern unterhielt auch mit Anekdoten aus der gemeinsamen Zeit als Klubobmänner und Fußballspieler des FC Nationalrat. Den Jubilar beschrieb Fischer als "belastbar, ausdauernd, grundsatzorientiert". Mock habe Handschlagqualität bewiesen. Allerdings, so Fischer: "Er hat sich selbst ausgebeutet."

"Wenn wir heute sagen: Europa liegt in der DNA der Volkspartei - dann bist du, Alois Mock, dafür der Stammvater", sagte ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel zu Beginn des Festaktes. Mock habe Weitsicht bewiesen, Österreich in die Mitte Europas geführt und die Volkspartei weiterentwickelt.

Aus der Politik verabschiedet hat sich der von einer Parkinson-Erkrankung gezeichnete Mock bereits 1999. Dennoch ist der langjährige VP-Politiker der Öffentlichkeit in Erinnerung geblieben wie wenige andere - etwa mit dem symbolträchtigen Bild vom Schnitt durch den Eisernen Vorhang gemeinsam mit Ungarns Außenminister Gyula Horn drei Monate vor der Grenzöffnung im Juni 1989.

Seinen Einstieg in die Politik verdankte der gebürtige Euratsfelder Josef Klaus. Der Kanzler der letzten VP-Alleinregierung von 1966 bis 1970 holte den jungen Juristen von der österreichischen OECD-Vertretung in Paris nach Wien und machte ihn zu seinem Büroleiter. 1969 installierte Klaus den 35-Jährigen als Unterrichtsminister und bis dahin jüngstes Regierungsmitglied der Zweiten Republik.

Kein dreiviertel Jahr später der erste Karriereknick: Der Erdrutschsieg der SPÖ unter Bruno Kreisky am 1. März 1970 verbannte die machtverwöhnte ÖVP auf die Oppositionsbank und mit ihr auch die politische Nachwuchshoffnung Mock.
(Bild: Kreisky und Mock 2004)

Die schwere Wahlniederlage der ÖVP 1979 brachte dem mittlerweile zum ÖAAB-Obmann (1971) und ÖVP-Klubchef (1978) aufgestiegen Mock den Sprung an die Parteispitze und die Chance zum lang ersehnten Machtwechsel nach einem Jahrzehnt roter Alleinregierung.

Einen kleinen Dämpfer verpasste Mock zwar die Bela-Rabelbauer-Parteispenden-Affäre, aus der er aber ohne gröberen Schaden hervorging. Gemeinsam mit Generalsekretär Michael Graff initiierte Mock das nach wie vor erfolgreichste Volksbegehren gegen das Wiener Konferenzzentrum (1,36 Millionen Unterschriften), brach 1983 die Absolute der SPÖ und setzte 1986 Kurt Waldheim gegen alle Angriffe als Bundespräsidenten durch.

Für die nächste Nationalratswahl gaben die Umfragen der ÖVP gute Chancen, wieder Nummer Eins zu werden - mit Mock als Kanzler. Doch der 23. November 1986 bescherte ihm seine bitterste Niederalge: Der Traum vom Machtwechsel zerschellte an der FPÖ, die ihren Stimmenanteil fast verdoppelte, und an den erstmals ins Parlament einziehenden Grünen. Die SPÖ blieb trotz deutlicher Verluste stärkste Partei.
(Bild: Ex-SP-Kanzler Franz Vranitzky, Alois Mock und Ex-FP-Chef Jörg Haider )

Mocks Wunschkoalition mit der FPÖ scheiterte am parteiinternen Widerstand. Er fügte sich als Juniorpartner in die Große Koalition und wurde 1989 als Parteichef und Vizekanzler von Josef Riegler abgelöst. Der Traum, den "Irrtum der Geschichte" zu korrigieren und die SPÖ aus dem Kanzleramt zu drängen, war gescheitert. Zwar machte Mock als Außenminister und VP-Ehrenobmann weiter, doch seine Popularität war verblasst. Die mediale Häme über den peinlichen Auftritt in kurzen Hosen während eines Staatsbesuchs in Jordanien tat das ihre.
(Bild: Josef Taus, Josef Riegler, Erhard Busek, Alois Mock)

Der EU-Beitritt war für Mock dann ein später persönlicher Triumph: 1989 hatte der Außenminister das österreichische Beitrittsgesuch eingebracht, nach seiner Rückkehr von der letzten Verhandlungsrunde stilisierte ihn die ÖVP zum "Helden von Brüssel", zum "Mister Europa“. Am 12. Juni 1994, zwei Tage nach Mocks 60. Geburtstag, votierten bei einer Volksabstimmung zwei Drittel der Österreicher für die EU-Mitgliedschaft - der zweifellos größte Erfolg in der 30-jährigen Politkarriere des Niederösterreichers.

Im Februar 1995 bekannte sich Mock erstmals öffentlich zu seiner Erkrankung. Sein Arzt datierte die ersten Symptome bereits auf 1987. Im Mai räumte der 60-Jährige seinen Platz im Außenministerium für Wolfgang Schüssel, der viereinhalb Jahre später die von Mock schon 1986 angestrebte schwarz-blaue Koalition wagte. Ein Experiment, das Mock von Anfang an verteidigte.

Auch nach seinem Ausscheiden aus dem Nationalrat 1999 blieb Mock politisch interessiert und erwies sich, begleitet von seiner Frau Edith, mit der er seit 1963 verheiratet war, als treuer Besucher von Parteiveranstaltungen.