Ob sich jedoch die Banken durch die neuen Strafzinsen zur Kreditvergabe zwingen lassen werden, gilt in der Bankenbranche als umstritten.
Zwischen 1949 und 2014 sei in 59 Prozent der Zeit der reale Zinssatz am Sparbuch negativ gewesen, sagte Nationalbankgouverneur Ewald Nowotny am Donnerstagabend in der "ZiB2". Es kam in der Vergangeheit häufig vor, dass die Inflationsrate höher als die Sparbuchzinsen für täglich fällige Sparguthaben gewesen sei.
Nominell negativ dürften die Zinsen hingegen auch nach der heutigen Zinssenkung der EZB nicht werden, erwartet Nowotny: "Man muss sicher nicht damit rechnen, dass man am Ende des Jahres weniger am Sparbuch hat", sagte er. Österreichs Banker hatten sich bereits gestern bemüht, zu beruhigen, die Kunden würden sicher nicht mit nominellen negativen Zinsen konfrontiert. Einlagen der privaten Sparer bei den Banken seien nicht betroffen, das hätten die Banken in Österreich und Deutschland klar erklärt, sagte auch Nowotny.
Mit Strafzinsen auf jene Gelder, die die Banken bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken, will die Euro-Notenbank die europäischen Kreditinstitute zur Kreditvergabe zwingen. "Es handelt sich nur um die Einlagen der Banken bei der EZB", bekräftigte Österreichs Notenbankgouverneur Ewald Nowotny.
Wirkung von Strafzinsen umstritten
Ob sich die Banken durch die neuen Strafzinsen zur Kreditvergabe zwingen lassen werden, gilt in der Bankenbranche als umstritten. Nowotny sieht in den gestrigen geldpolitischen Entscheidungen der EZB eine gewisse historische Dimension, die Negativzinsen seien als ein Teil des Gesamtpakets zu sehen.
In Europa sei die Kreditvergabe an die reale Wirtschaft nach wie vor schwach, bei Unternehmenskrediten sogar rückläufig. "Das ist natürlich ein massives Hemmnis für einen Konjunkturaufschwung". Das sei vor allem ein Problem der Peripherieländer - also der südlichen Euroländer. Bei Unternehmenskrediten gab es aber auch in Österreich im letzten Quartal leichte Rückgänge bei Firmenkrediten.
Mehr Kredite erst nach Stresstest
Der österreichische Nationalbankgouverneur räumte ein, dass die Banken in Europa während der Bilanzchecks und Stresstests durch EZB und europäische Bankenaufsicht alle etwas zurückhaltend seien. Er gehe davon aus, dass es nach dem Stresstest doch wieder zu reiner stärkeren Kreditentwicklung kommt". Das wolle die EZB mit ihrem Maßnahmenpaket unterstützen. Zu dem Paket gehört auch ein 400 Mrd. Euro schweres Kreditprogramm für Banken ab Herbst, das "ein sehr gut überlegtes Experiment" sei.
"Wir haben Finanzierungsfenster geöffnet, wir sind uns bewusst, dass die Verfügbarkeit von Finanzierung nur ein Element ist." Was die EZB auf der geldpolitischen Seite machen konnte, habe sie gemacht. Nun sei auch die Finanz- und Strukturpolitik an der Reihe. Nowotny bleibt beim Zitat des Ökonomen Keynes: "Man kann die Pferde zur Tränke führen, saufen müssen sie selber." Die OeNB-Chefökonomin Doris Ritzberger-Grünwald präzisierte: "Es geht vor allem daran, die Pferde in den südeuropäischen Ländern zur Tränke zu führen", also um die ehemaligen Programmländer (Euro-Krisenländer, Anm.). Dort gebe es tatsächlich das Problem, dass es überhaupt keine Kredite gebe oder Kredite nicht die Richtigen erreichten.
Spardruck für Länder bleibt
Durch das Maßnahmenpaket der EZB sinke nicht der Druck auf die Euro-Länder zu sparen, sagte Nowotny. Denn darin sei ausdrücklich festgehalten, dass die Verbilligung von Krediten für alle Bereiche außer dem öffentlichen Sektor und Immobilien gelte.
(APA)