Badeteiche: Die kleinen Meere der Wiener

Badeteich Windradlteich in Guntramsdorf
Badeteich Windradlteich in GuntramsdorfDie Presse
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Sie sind viele, für Wiener gut erreichbar und herrlich kühl: die Badeteiche. Dass sie nicht zur Erholung der Städter errichtet wurden, sondern weil Wien Lehm brauchte, tut ihrer Beliebtheit keinen Abbruch.

Kaum Menschen, glasklares Wasser, viel Natur und Ruhe, ein Sonnenplätzchen und ein Wirt, der einen Schmäh hat oder zumindest ein Eis, ein gekühltes Bier, vielleicht eine Schnitzelsemmel und bitte auch einen Kaffee. Gut zu erreichen soll das Ganze auch noch sein. So oder so ähnlich sieht die Idealvorstellung der Wiener – und wohl nicht nur der Wiener – von einem Badeteich aus. Natürlich variiert diese je nach Lebenslage: Wer sich gerade in der Pubertät befindet, hat wohl lieber mehr Menschen – und zwar gleichaltrige – um sich, vielleicht auch noch einen Beach-Volleyball-Platz, der Kaffee ist hingegen egal. Jene, die gerade Familie gegründet haben, brauchen wiederum den Kaffee und bitte eine Sandkiste.

Natürlich gibt es auch noch die andere, die Schwimmbadfraktion. Die, die den Gedanken schrecklich finden, dass sich in dem Badewasser auch noch Fische befinden. Aber die sind eine andere Geschichte. Für all jene aber, die lieber mit Schlamm statt Chlor baden, beginnt alljährlich die Suche nach dem perfekten Plätzchen am Wasser aufs Neue.

Schotter für Wien

In und rund um Wien gibt es da einige zu entdecken. Wobei festzustellen ist: Allein wird man wohl nirgends sein, auch Geheimtipps sind nur bedingt geheim. Und natürlich sind die Badeteiche streng genommen auch nicht, das zeigt ein Blick auf deren Entstehung.

Der Großteil der Teiche wurde nämlich von Menschen gemacht. Und zwar nicht, weil sie baden wollten – das kam erst später hinzu – sondern weil Schotter oder Lehm für die Ziegelproduktion gebraucht wurde. „Die meisten Badeteiche sind aus Nassbaggerungen entstanden, bei denen man den Schotter abgetragen hat. Weil das Grundwasser dort relativ hoch ist, wurde es dadurch freigelegt. Eine der Nutzungen ist dann eben ein Badeteich“, erklärt Ludwig Lutz von der Abteilung Wasserwirtschaft beim Land Niederösterreich. Die meisten Schotterteiche sind übrigens nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, etwa jene Badeteiche im südlichen Wiener Raum, in Marchfeld oder im Tullnerfeld. „Da gab es einen regelrechten Boom, heute kommt kaum noch etwas dazu“, sagt Lutz.

Dass die Teiche oft in der Nähe von Ballungszentren vorkommen, hat auch mit den dort vorhandenen Flüssen zu tun – Stichwort Donau –, durch die viel Schotter abgelagert wurde.

Ziegelteich dank Ringstraßenbau

Älter als die Schotterteiche sind meist die Ziegel- oder Lehmteiche. Die haben die Badegäste nämlich, wenn man so will, der Wiener Ringstraße zu verdanken. Der Ozean in Guntramsdorf oder der Kahrteich in Wiener Neudorf sind deshalb entstanden, weil Lehm für die Ziegelproduktion in der Gründerzeit gebraucht wurde. „Die Familie Drasche-Wartenberg hatte damals viele Ländereien, in denen Lehm abgebaut wurde. Die Arbeiter kamen aus Böhmen und der Slowakei“, sagt der Mödlinger Bürgermeister Hans Hintner. Auch heute noch gibt es die Ziegelfabrik, die damals ihren Sitz in Hennersdorf hatte – nur heißt sie heute Wienerberger. Gegraben wurde damals viel. In Wiener Neudorf gibt es mit dem Kahrteich und dem Erikateich zwei Teiche – Ersterer gehört zur Gemeinde, Letzterer der Firma Isovolta, er ist aber auch für andere Gäste zugänglich. In Guntramsdorf gibt es mit dem Ozean, dem Windradlteich, der Figur, dem Rinketeich, dem Rosegger Teich, dem kleinen Ozean oder dem Hofstädter Teich schon wesentlich mehr. Auch in Münchendorf oder Biedermannsdorf wurde fleißig gegraben. Wie viele Teiche genau es im Bezirk Mödling gibt, weiß Hintner nicht, er schätzt die Zahl aber auf „weit über 20“.

Teichtypologie

Aber nicht nur im Süden Wiens haben die Städter – ebenso wie die Niederösterreicher – eine Möglichkeit zum Abkühlen. Auch nördlich von Wien, entlang der Donau und mitten in der Stadt gibt es hübsche Plätze, die viel Wasser, aber eben kein Chlor bieten.

Ein kleiner Überblick – ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

  • Jugendtreff und Volleyball. Der Badeteich ist das Meer für jene, die sich noch keinen Urlaub ebendort leisten können – und auch nicht mehr mit ihren Eltern dorthin fahren wollen. Und: Der Badeteich ist der perfekte Ort zum Anbandeln, wie es so schön heißt. Nicht jeder, aber – bis auf jene, die sich auf Kinder, Naturliebhaber oder Pensionisten spezialisiert haben – fast jeder. Dafür braucht es nicht einmal einen Beach-Volleyball-Platz. Als Jugendtreff gilt im Süden Wiens etwa der Ozean in Guntramsdorf, der mit Veranstaltungen wie der jährlichen Beach-Party (heuer am 2. 8.) nicht gerade als idealer Ort für Ruhesuchende gilt.
  • Aperol Spritz in der Lounge. Jene Menschen, die für den Jugendtreff schon zu alt sind, die aber noch nicht – oder nicht mehr – die familienfreundliche Variante aufsuchen, sind meist dort anzutreffen, wo Loungemöbel, Aperol Spritz und DJs geboten werden. Da reicht kein einfacher Wirt mit Heurigenbank, sondern es muss ein bisschen mehr her, ein Liegestuhl etwa – plus aufgeschüttetem Sand, in den man die Füße stecken kann.

    Statt Schnitzelsemmel gibt es BBQ-Burger, der Wein kommt nicht aus dem Doppler, sondern vom Szenewinzer und statt des Regionalradios darf ein DJ ans Werk. Der Badeteich namens 100 Tage Sommer in Brunn am Gebirge fällt in diese Kategorie. Ähnlich, nur mit höherer Bobo- oder Hipster-Dichte ist das Strombad Kritzendorf, wobei sich heuer – nachdem die Veranstaltungsreihe Strombaden eingestellt wurde – weisen wird, ob die urbane, schicke Karawane weiterziehen oder dem kühlen Bad in der Donau treu bleiben wird.
Badeteich Windradlteich in Guntramsdorf
Badeteich Windradlteich in GuntramsdorfDie Presse
  • Für die ganze Familie. Familien sind eigentlich so gut wie bei jedem Bad anzutreffen – die Auswahl hängt meist vom Alter der Kinder ab. Ein Klassiker ist etwa die Seeschlacht Langenzersdorf, die irgendwie für alle etwas bietet: viel Platz dank großer Wiese, eine Sportanlage, einen Spielplatz, freien Eintritt ab 17 Uhr – und Lianen, von denen es sich vortrefflich ins Wasser springen lässt.
  • FKK und Naturliebhaber. Als Eldorado für Anhänger der Freikörperkultur muss man die Lobau wohl nicht mehr vorstellen, die Dechantlacke, die nur mit dem Fahrrad oder zu Fuß erreichbar ist, sei hier nur exemplarisch genannt. Naturliebhaber und FKK-Anhänger sind aber auch in dem Figur genannten Badeteich südlich von Wien zwischen Wiener Neudorf und Guntramsdorf anzutreffen. Dort herrscht zwar offizielles Badeverbot, das Missachten des Verbots wird still geduldet.
  • Baden in der City. Badeteiche mitten in der Stadt sind eher schwer anzutreffen, im Nordosten gibt es aber einige Möglichkeiten. Wie viele, hängt davon ab, was gezählt wird. Immerhin elf Badeteiche oder Gewässer kontrolliert die MA 39 in puncto Wasserqualität aufgrund der hohen Besucherfrequenz: vom Angelibad über das Strandbad Alte Donau, das Gänsehäufl, den Teich Hirschstetten, das Schillerwasser bis zum Mühlwasser beim Biberhaufenweg oder der Panozzalacke. Auch mitten im Prater gibt es Teiche, etwa das gut versteckte Lusthauswasser, das ebenso wie das Mauthnerwasser einst Teil des ursprünglichen Donaukanals war, der vor seiner Regulierung im Jahr 1832 dort vorbeifloss.
  • Der ganz normale Teich. Was „ganz normal“ ist, liegt natürlich immer im Auge des Betrachters. Aber es gibt Teiche, die ohne viel Schnickschnack auskommen und trotzdem alles vereinen, was dazugehört. Zum Beispiel der Windradlteich in Guntramsdorf, der auch die Titelseite der aktuellen „Presse am Sonntag“ schmückt. Er ist einfach, irgendwie ursprünglich: direkt an der B17, ein großer Parkplatz, viele Bäume, Schilf, Gelsen, sogar ein Nichtschwimmerbereich, ein Spielplatz, ein Steg, von dem es sich vortrefflich springen lässt, ein kleiner Imbissstand, bei dem es Bier, Eis und eine Schnitzelsemmel gibt. Und er kann sogar mit einer Legende aufwarten: Ein Krokodil, das zu einem Zirkus, der in der Nähe Station machte, gehörte, soll ihn als Alterswohnsitz gewählt haben. Man kann es ihm nicht verübeln.

Badeteiche in Wien und NÖ (Auswahl):

Badeteiche in Wien und NÖ

Wien (Auswahl):
Lusthaus- und Mauthnerwasser sowie Krebsenwasser befinden sich im Prater nahe dem Lusthaus (Freudenau 254).

Teich Hirschstetten, 22., zwischen Ziegelhof- und Spargelfeldstraße

Strandbad Alte Donau: 22., Arbeiterstrandbadgasse 91

Niederösterreich
Ozean:Ozeanstraße 3, 2353 Guntramsdorf
Windradlteich: Bundesstr. 17, 2353 Guntramsdorf

100 Tage Sommer: Wienerstr. 196, 2345 Brunn am Gebirge, 100tage.com

Kahrteich: IZ Süd Straße 3/Ecke Triestertraße, 2355 Wiener Neudorf

Seeschlacht: Alleestraße, 2103 Langenzersdorf

Strombad Kritzendorf: Neue Badstr. 11, 3420 Kritzendorf

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2014)

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