Ägypten: Russland umgarnt neuen Machthaber in Kairo

President Abdel Fattah al-Sisi reviews guards of honor after he was sworn in as president of Egypt, at the presidential palace in Cairo
President Abdel Fattah al-Sisi reviews guards of honor after he was sworn in as president of Egypt, at the presidential palace in Cairo(c) REUTERS (HANDOUT)
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Der einstige Armeechef al-Sisi verspricht bei seiner Angelobung als Präsident, den „Kampf gegen den Terror“ fortzuführen. Während westliche Länder auf Distanz gehen, lädt der Kreml al-Sisi zu einem Staatsbesuch ein.

Kairo. Drei Jahre nach dem Sturz von Hosni Mubarak 2011 hat Ägypten wieder einen Ex-General als Präsidenten. Der einstige Armeechef Abdel Fatah al-Sisi wurde am Wochenende als neuer Mann an der Spitze der bevölkerungsreichsten arabischen Nation vereidigt. Während aus der arabischen Welt mehrere Staatschefs, Emire und Kronprinzen anreisten, ließen sich die westlichen Regierungen durch ihre Botschafter vertreten.

Die Reaktionen aus dem Ausland auf al-Sisis Amtsantritt waren ausgesprochen reserviert. Nur der saudische König Abdullah gratulierte al-Sisi per Telegramm und kündigte eine Geberkonferenz für Ägypten an. Er forderte den neuen Staatschef allerdings auf, mit allen Andersdenkenden im Land „einen breiten nationalen Dialog zu eröffnen, sofern an ihren Händen kein Blut klebt“. Russland Präsident Wladimir Putin lud al-Sisi „sobald wie möglich“ zu einem Staatsbesuch in den Kreml ein. Die USA und Europa kündigten an, man werde mit dem neuen Präsidenten zusammenarbeiten, kritisierten jedoch erneut „die restriktive politische Situation“ in Ägypten.

Al-Sisi hatte im Juli 2013 den ersten demokratisch gewählten Präsidenten Ägyptens, den aus der Muslimbruderschaft stammenden Mohammed Mursi, mit Gewalt gestürzt. Bei den neuerlichen Präsidentenwahlen Ende Mai, bei denen die Muslimbrüder nicht zugelassen waren und mit dem Linkspolitiker Hamdeen Sabahi nur ein aussichtsloser Kandidat gegen den populären Feldmarschall antrat, errang al-Sisi nahezu 97 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag offiziell bei 47,4 Prozent, wahrscheinlich war sie jedoch deutlich niedriger. Das bedeutet, dass die politische Gefolgschaft al-Sisis in dem 85-Millionen-Volk am Nil nicht signifikant über die seines gestürzten Vorgängers Mursi hinausgeht.

Sexuelle Übergriffe auf Tahrir

In seiner Antrittsrede schloss al-Sisi erneut jeden Kompromiss mit den Muslimbrüdern aus. „Wir sprechen mit niemandem, an dessen Händen Blut klebt und zu dessen Ideologie der Einsatz von Gewalt gehört“, erklärte der 59-Jährige, der selbst mit dem Massaker von Rabaa Adawiyya im August 2013 nach Einschätzung von Amnesty International das „gravierendste Ereignis ungesetzlicher Massentötungen in der modernen Geschichte Ägyptens“ zu verantworten hat. Damals waren nach Zählungen von Menschenrechtlern mehr als 900 Demonstranten gestorben, die meisten durch Schüsse in den Kopf, Hals und die Brust. Seit diesem Blutbad durch die Sicherheitskräfte erlebt Ägypten eine immer größer werdende Welle des Terrors. In den vergangenen zehn Monaten starben mehr als 500 Polizisten und Soldaten. Die Anschläge werden von radikalen Gruppen verübt, die vom Sinai aus operieren und al-Qaida nahestehen.

Al-Sisi versprach in seiner Rede ein prosperierendes und sicheres Ägypten. Zehntausende seiner Anhänger feierten auf dem Tahrir-Platz, auf dem es erneut zu zahlreichen sexuellen Übergriffen gegen Frauen kam. Tiefpunkt bei den einhelligen Jubelübertragungen der Fernsehsender war, als eine Moderatorin über die sexuellen Attacken auf Frauen achselzuckend meinte, die Leute müssten an einem solchen Tag eben „feiern“.

AUF EINEN BLICK

Attentat in Pakistan. Bei einem Terroranschlag auf den Jinnah-Flughafen in Karachi wurden mindestens 28 Menschen getötet, darunter zehn Angreifer. Die extremistischen Taliban wollten vermutlich ein Flugzeug entführen und Passagiere als Geisel nehmen, der Plan scheiterte allerdings am Widerstand des Sicherheitspersonals und der Soldaten. Mehrere Taliban verübten auf dem Flughafen Selbstmordanschläge. Ein Taliban-Sprecher drohte, dass sich Pakistan auf noch mehr Terroranschläge einstellen soll. Gespräche zwischen der Regierung und den Extremisten sind bisher gescheitert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.06.2014)

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