Gehaltsstudie: 10.000 Euro weniger Gehalt für Frauen

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Verglichen wurden die Gehälter in Einkaufsabteilungen, das Ergebnis ist eindeutig: Auf allen Ebenen, vom Sachbearbeiter bis zum Einkaufsleiter, verdienen Männer deutlich mehr.

Wien. Frauen, die in Einkaufsabteilungen arbeiten, verdienen im Schnitt um 26,4 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Das ist eines der Ergebnisse der kürzlich veröffentlichten „Einkäufer-Gehaltsstudie 2013“.

Für die Studie, die zwei Beratungsunternehmen – Penning Consulting und Kerkhoff Consulting – gemeinsam mit dem „Forum Einkauf“ des ÖPWZ durchführten, wurden 132 österreichische Unternehmen befragt. Dass sie sich nur mit Einkäufern befasst, hat einen simplen Grund: In anderen Funktionsbereichen gibt es schon länger Gehalts-Benchmarks, für Einkäufer und Supply-Chain-Manager gab es das bislang nicht. Diese Untersuchung ist nun die dritte in Folge, die dem abhelfen soll. Die Einkommensschere zwischen den Geschlechtern steht hier noch etwas weiter offen als in der Gesamtwirtschaft: Laut der Studie „Gender Pay Gap“ (Statistik Austria, 2014) beträgt der geschlechtsspezifische Verdienstunterschied gemessen an den Bruttostundenverdiensten in der Privatwirtschaft 23,4 Prozent.

Für die Vergleichsrechnungen in der Einkäuferstudie wurden nur Vollzeitarbeitsplätze berücksichtigt. Mit der Tatsache, dass Frauen häufiger Teilzeit arbeiten als Männer, lässt sich die große Differenz also auch hier nicht erklären. In den Betrieben, die an der Umfrage teilnahmen, kassierten praktisch auf allen Hierarchieebenen Männer im Schnitt um 10.000 Euro jährlich mehr als Frauen.

Boni oft nicht leistungsbezogen

Warum ist das so? Frauen seien heute oft besser qualifiziert als ihre männlichen Mitbewerber, sagt der Projektleiter der Gehaltsstudie, Stephan Penning, zur „Presse“. Sie hätten auch wichtige fachliche und soziale Zusatzqualifikationen. „Und sie reflektieren Situationen und ihre Rolle wesentlich intensiver.“ Gerade darüber dürften viele stolpern: Denn das führt auch zu mehr Zweifeln, die Frauen oft schlechter verstecken können. „Männliche Kollegen interpretieren das als Schwäche oder mangelndes Selbstbewusstsein, Frauen gelten dann schnell als unsicher. Und das wirkt sich natürlich eklatant auf ihr Gehalt aus, obwohl sie ihre Aufgaben genauso gut erfüllen wie ihre männlichen Kollegen, in vielen Fällen vermutlich sogar besser.“

Auch wenn man nur die variablen Gehaltsbestandteile vergleicht, haben männliche Mitarbeiter die Nase vorn: Sie erhielten 2013 im Schnitt um 5214 Euro mehr Boni. Das ist aber leicht erklärt, denn hier wurde nicht nach Funktionen differenziert. Und viele Frauen arbeiten als Sachbearbeiterinnen, da sind die Gehälter meistens fix. Die Schere ging hier allerdings im Vergleich zum Vorjahr sogar noch weiter auf. Mit persönlichem Erfolg haben Boni im Einkauf übrigens nur peripher zu tun: Meist werden sie an Team- oder Unternehmensergebnisse geknüpft. Laut Penning kein idealer Zustand: Der Bonus lasse sich dann nur bedingt dazu einsetzen, den Einzelnen zu mehr Leistung zu motivieren. Erfreulich sei aber, dass Boni wichtiger werden: Sowohl ihre Höhe als auch die Anzahl der Bonusberechtigten sei gestiegen.

Weit offen steht auch eine zweite Einkommensschere: jene zwischen Alt und Jung. Ein Facheinkäufer unter 25 Jahren verdient durchschnittlich 31.680 Euro jährlich, mit über 50 kassiert er in derselben Funktion im Mittel 58.844 Euro. Und Einkaufsleiter in KMU beziehen, wenn sie über 50 sind, um 17.313 Euro mehr als jene zwischen 26 und 30 Jahren. Aber selbst recht kleine Altersunterschiede machen viel aus: In großen Unternehmen verdienen Einkaufsleiter zwischen 31 und 40 Jahren im Mittel 77.544 Euro brutto, Positionsinhaber zwischen 41 und 50 Jahren kassieren im Schnitt 99.090 Euro. Wer nicht über die Sachbearbeiterebene hinauskommt, verzeichnet dagegen zwischen 25 und 30 Jahren den stärksten Gehaltsanstieg. Unter 25 verdient man hier 27.820 Euro brutto, zwischen 26 und 30 Jahren 37.000 Euro. Im nächsten Jahrzehnt erreicht man oft schon den Plafond: Das Durchschnittsgehalt beträgt dann 41.467 Euro, mit über 50 verdient man höchstens unwesentlich mehr (42.000 Euro). Dass in den meisten Unternehmen immer noch stark nach Senioritätsprinzip entlohnt wird, sieht Penning skeptisch: „Dieses Modell erodiert schon heute. Bei einer immer knapperen Menge an Toptalenten auf dem Arbeitsmarkt wird es mittelfristig nicht fortzuführen sein.“

Man müsse stärker auf Potenziale schauen als auf Seniorität oder formale Entwicklungsschritte: „Wenn ein 30-Jähriger einen besseren Job machen kann als ein 50-Jähriger – warum sollte er dann nicht auch besser bezahlt werden? Anders herum gilt das natürlich genauso: Wer alt ist, ist ja nicht grundsätzlich schlechter. Die Frage ist dann vielmehr: Wer kann mit den Entwicklungen Schritt halten und wer nicht?“ Insgesamt würden Einkäufer übrigens schlechter bezahlt als ihre Kollegen in Bereichen wie Vertrieb und Finanzen. Penning hält das für nicht gerechtfertigt.

AUF EINEN BLICK

Einkäufergehaltsstudie. Befragt wurden dafür 132 österreichische Unternehmen. Geschlecht und Alter sind nur zwei von vielen Faktoren, die untersucht wurden – unter anderem auch Unternehmensgröße, Branche, Einkaufsvolumen, Materialgruppen und Führungsverantwortung.

Frauen verdienen demnach im Schnitt um gut ein Viertel weniger als Männer. In den meisten Funktionen beträgt die Gehaltsdifferenz etwa 10.000 Euro brutto jährlich. Prozentuell ist der Gehaltsunterschied in niedrigen Einkommensgruppen am größten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.06.2014)

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