Merkel warnt ihren britischen Kollegen Cameron davor, Personalwünsche mit einer Austrittsdrohung zu verknüpfen. Beim Mini-Gipel in Schweden ist Juncker offiziell kein Thema.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat mit Blick auf Großbritannien davor gewarnt, den Streit um den künftigen EU-Kommissionspräsidenten mit Austrittsdrohungen aus der EU zu verbinden. Alle anstehenden Entscheidungen würden im europäischen Geist getroffen, sagte Merkel am Dienstag nach einem Mini-Gipfel mit den Regierungschefs aus Großbritannien, den Niederlanden und Schweden.
Merkel, der britischen Premier David Cameron, der schwedische Ministerpräsidenten Fredrik Reinfeldt und dem niederländische Regierungschef Mark Rutte beraten sich seit Montagabend auf dem Landsitz der schwedischen Regierung in Harpsund. Arbeitsweisen und Themen einer neuen EU-Kommission sollen im Mittelpunkt des informellen Thema des Treffens gewesen sein.
Cameron und Merkel nicht einig
Bei der Pressekonferenz am Dienstagvormittag macht Cameron erneut seine Skepsis gegenüber dem umstrittenen konservativen Luxemburger Jean-Claude Juncker als Kommissionspräsident deutlich. Merkel bekräftigte dagegen, dass sie für Juncker eintrete. Sie unterstrich, dass nun die Staats- und Regierungschefs der EU dem EU-Parlament einen Personalvorschlag machen sollten. "Wenn wir klug sind, dann respektieren wir uns doch als unterschiedliche Institutionen." Auch hier seien Drohungen fehl am Platze. Die Regierungschefs seien sich "völlig gewiss", dass dann auch die Stimmen des Parlaments benötigt würden.
Die Regierungschefs unterstrichen, dass vor Personalentscheidungen die inhaltliche Ausrichtung der künftigen EU-Kommission festgezurrt werden solle. Cameron sagte, Großbritannien wolle, dass sich die EU reformiere.
Der Gastgeber der Tagung der konservativen Regierungschefs, der schwedische Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt, hatte sich in einem Zeitungsinterview gegen eine automatische Ernennung des EVP-Spitzenkandidaten Juncker zum Kommissionschef ausgesprochen und damit die Front gegen den Luxemburger gestärkt.
Van Rompuy sieht keinen Konflikt
EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy wittert keinen Streit zwischen den großen Mitgliedsstaaten bei der Bestellung des nächsten Kommissionschefs. "Es gibt keinen Konflikt zwischen Deutschland und Großbritannien", sagte Van Rompuy am Dienstag in Brüssel. Es müsse nun eine Lösung gefunden werden, die nicht nur einen Posten einschließe, sondern auch andere EU-Spitzenpositionen.
Der EU-Ratspräsident betonte allerdings in seiner Antwort auf eine Journalistenfrage, die Entscheidung über den Vorschlag für den Nachfolger von EU-Kommissionschef Jose Manuel Barroso könne auch mit einer qualifizierten Mehrheit getroffen werden. Zunächst müsse ohnehin über das Programm der EU für die nächsten fünf Jahre entschieden werden, sagte Van Rompuy. Erst dann könne über die Person entschieden werden, die "fit und fähig" sei, dieses umzusetzen.
Der EU-Ratspräsident gilt selbst als Gegner Junckers. Am Freitag hieß es laut "Spiegel online" aus dem Umfeld Van Rompuys, man rechne mit dem Rückzug Junckers in den kommenden Wochen. Juncker selbst drängt aber weiter auf seine Nominierung durch den Europäischen Rat. Im Anschluss an eine solche muss das EU-Parlament seine Bestellung bestätigen.
(APA/dpa)