EU-Parlament: Rechte formieren sich

Le Pen, France's National Front political party head, addresses a news conference at the European Parliament in Brussels
Le Pen, France's National Front political party head, addresses a news conference at the European Parliament in Brussels(c) REUTERS
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Front-National-Chefin Marine Le Pen formte mit 43 Abgeordneten aus Österreich, Belgien, den Niederlanden, Italien, Litauen und Polen die Europäische Allianz für die Freiheit.

Wien/Brüssel. Marine Le Pen ist derzeit nicht zu stoppen. Nur zweieinhalb Wochen nach ihrem fulminanten Sieg bei der Europawahl Ende Mai gründete die Front-National-Chefin eine EU-kritische Rechtsfraktion mit insgesamt 43 Abgeordneten im Europäischen Parlament, wie EU-Kreise in Brüssel bestätigten.

24 Mandatare kommen aus ihrer eigenen Partei, die in Frankreich mit rund 25 Prozent auf dem ersten Platz landete. Die zweitgrößte Gruppierung stellt die italienische Lega Nord (fünf Abgeordnete), danach folgen die niederländische Freiheitspartei (VVD) von Geert Wilders, die FPÖ und der Kongress der Neuen Rechten aus Polen (je vier Abg.). Auch der belgische Vlaams Belang und die litauische Partei Ordnung und Justiz (je ein Abg.) schließen sich der Europäischen Allianz für die Freiheit an.

Kalte Schulter von UKIP

Le Pen kann also die Vorgaben für die Gründung einer Fraktion – mindestens 25 Abgeordnete aus sieben Mitgliedstaaten – erfüllen; wenngleich nicht alle an Bord sind, die sich die kühle Strategin für ihr Rechtsbündnis gewünscht hätte: Die Schwedendemokraten entschieden sich gegen eine Kooperation. Und auch Nigel Farage, der Chef der siegreichen, EU-feindlichen United Kingdom Independence Party (UKIP, 28%), zeigte dem Front National die kalte Schulter. An Farages Anweisung, keinen Kontakt mit Le Pen aufzunehmen, hielten sich allerdings nicht alle Mitglieder seiner Partei. Erst vor einer Woche wurde die Französin mit Godfrey Bloom, einem scheidenden EU-Abgeordneten der UKIP, in einem Brüsseler Hotel gesichtet – wohl um auszuloten, ob nicht doch Chancen für eine Zusammenarbeit bestünden. Letztlich blieben die Bemühungen erfolglos; doch auch Le Pen selbst zeigte Berührungsängste bei der Bildung ihrer Fraktion: So schloss sie eine Aufnahme der rechtsextremen, ungarischen Jobbik und „anderer dieser Bewegungen“ aus.

Es gehört zum Kalkül der 45-jährigen, ihrer Partei einen gemäßigteren Anstrich zu verleihen, um sie für breitere Wählerschichten interessant zu machen. Die „Entdämonisierung“ will allerdings nicht so recht gelingen, meldet sich doch Le Pens Vater und Ex-Parteichef Jean-Marie in regelmäßigen Abständen mit antisemitischen Äußerungen zu Wort: Erst vor wenigen Tagen hatte der 85-Jährige in einem auf der Parteihomepage veröffentlichten Video eine „Ofenladung“ für FN-kritische Künstler wie den jüdischen Sänger Patrick Bruel gefordert – eine Aussage, von der sich seine Tochter entschieden distanzierte. Dass derartige Wortmeldungen in Le Pens neuer Fraktion hingegen geduldet sind, zeigen Äußerungen von Janusz Korwin-Mikke, Parteichef der Neuen Rechten aus Polen. Er bezeichnete die EU als „geistiges Geschöpf von Adolf Hitler“ und warnte vor der „Überschwemmung Europas von Arabern, Berbern, Chinesen, Ägyptern und so weiter“. Zudem erklärte er, dass Hitler wohl nichts über den Holocaust gewusst habe und heute von einem Gericht „freigesprochen werden müsste“. Auch, was Le Pen dazu sagt, dass Korwin-Mikke Frauen für genetisch dümmer als Männer hält, ist nicht überliefert.

Ob die neue Rechtsfraktion auf lange Sicht Bestand haben wird, ist ungewiss: Schon in der Vergangenheit zerbrachen Bündnisse EU-kritischer Gesinnungsgenossen an ideologischen Auseinandersetzungen oder fraktionsinternen Machtkämpfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2014)

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